s dreimalhunderttausend
mehr, als an allen uebrigen Tagen des Jahres. Dafuer zum Entgelt erhalten
dieses Tages die Brieftraeger eine besondere Mahlzeit, bestehend aus
Rostbraten und Ale (Schweizerbote, Zugabe no. 6, 11. Febr. 1860). Auch
dabei galt ehemals die Sitte, Liebsten und Liebste durchs Loos zu ziehen
und daran die Verpflichtung gegenseitigen Wohlwollens oder sogar
bleibender Treue zu knuepfen. Allbekannt ist das dahin zielende
Liebeslied der Hamletischen Ophelia:
Guten Morgen, es ist St. Valentinstag
so frueh vor Sonnenschein,
ich junge Maid am Fensterschlag
will euer Valentin sein.
Noch heute, berichtet Reinsberg (Festl. Jahr, 34) sind Landmaedchen des
festen Glaubens, der erste Mann, den sie am Morgen dieses Tages
erblicken, werde ihr Valentin und einst ihr Ehemann, vorausgesetzt, dass
er nicht mit ihnen im gleichen Hause wohne, nicht ihr Anverwandter und
kein Verheirateter sei. Daher stellen sich junge Maenner oft schon vor
Sonnenaufgang in der Naehe des Hauses oder an der Strasse auf, wo ihre
Geliebten vorueber kommen muessen, und diese wiederum gehen bei ihren
Gaengen lieber eine halbe Stunde um, wenn sie dadurch einem
Nichtersehnten aus dem Wege gehen koennen, oder sitzen mit zugemachten
Augen den halben Morgen hinter dem Fenster, bis sie die Stimme
desjenigen hoeren, den sie gern moechten. Suchen wir die Erklaerung und den
Zusammenhang des also gefeierten Valentintages sammt den
vorausgeschilderten Maibraeuchen, so finden wir dafuer den nordischen
Natur-Mythus von der Brautwerbung der Goetter. Das in zwei Haelften
getrennte Sonnenjahr wird gelenkt von zwei Mit-Odhinen. Erst hat sich
der winterliche Uller-Odhin zum Alleinherrscher der Erde aufgeworfen.
Vergebens will ihn Wali-Odhin verdraengen, er ist noch kinderlos. Da
wirbt er um Rinda (die hart gefrorne Wintererde), sproede straeubt sie
sich gegen seine Liebe, bis er sie mit dem Zauberstab des Lichtpfeils
geruehrt hat. Als sie ihm darauf den gleichnamigen Sohn Wali gebiert,
entflieht Uller-Odhin, gehuellt in Pelze und dahinschreitend auf
Schlittschuhen, in den Hochnorden zurueck. Dies der aeusserlichste Umriss
der Mythe; volle Gestalt gewinnt sie erst durch unsere altdeutschen
Gottheiten und Stammhelden, und alle Einzelzuege der spaeteren Sagen und
Braeuche finden dabei ihr ueberraschendes Verstaendniss. Mit der
aufsteigenden Fruehlingssonne wird Wuotans, und Frouwas Hochzeitsfest
gefeiert, wird Gerda von Freyr, Brunhilde von Gunth
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