Flachsfaden auf der Spindel sind ihre Orakel; ihre naechtlichen
Hoehenfeuer leuchtendem Reihentanze der Liebenden und diese werden ohne
Priester zusammen gegeben; ihr Heilbad ist der Maienthau, ihr Keiltrunk
der Maibrunnen und das frische Oel des Feldes; statt eines
Marterwerkzeuges traegt sie Garbe und Aehre, gleich ihrem Bruder Oswald.
Sie wandelt das Saatkorn in Gold, sie geht in goldnem Schuh und traegt
eine goldne Krone, sie ist selber das reifende Aehrenfeld. Ihr antikes
Abbild ist Pindars "roethlichfuessige Demeter" (Olymp. 6, 94) und die
roemische Ceres rubicunda, die in rothgelben Grannen reifende
Gerstensaat.
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FUSSNOTEN:
[2] Der immer gleichlautende Auskuendungsspruch:
Heut zum Lehen,
Morgen zur Ehe,
Ueber ein Jahr zu einem Paar--
steht schon in Lersners Frankf. Chronik 3 B. 6 K. und wird dorten dem
von den Kaisern ausgeuebten Ehezwangsrechte unterschoben, welches von
Heinrich VII. 1232 aufgehoben worden sein soll.
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Vierter Abschnitt.
Maiengeding und Walbernzins.
Je nach der Eintheilung des Jahres in zwei, drei oder vier Jahreszeiten
waren eben so viele Volksversammlungen (Allding), allgemeine Opferfeste
und Gerichtszeiten des Jahres anberaumt. Zu zweit auf Sommer und Winter
verlegt, hiessen die Gerichte Maigeding und Herbstgeding, nach spaeterer
christlicher Benennungsweise Walburgis und Martini. Seit den
karolingischen Kapitularien werden drei ungebotene Gerichte durchgehends
ueblich (tria generalia placita) und fallen auf Sommer (Walburgis),
Herbst (Martini), und Winter (Weihnachten). Ungebotene Gerichte hiessen
sie im Gegensatze der vom Gerichtsherrn den Unterthanen gebotenen, weil
erstere in ihrem Zusammentreffen mit gleichmaessig vorausbestimmten
Fristtagen allgemein gewusst waren und keiner vorgaengigen Ansagung
bedurften. Sie entschieden nicht bloss ueber Mein und Dein, sondern auch
ueber die Idealgueter von Freiheit und Ehre, somit ueber Krieg und Frieden,
und ihre Aussprueche waren die allgiltigen der Volkssouveraenetaet, wie sie
unsre Zeit in ihren Landsgemeinden, Staendeversammlungen und Parlamenten
anerkennt. Sie benannten sich nach Naechten, weil der Tag sich aus der
Nacht gebiert und daher der landwirthschaftliche Kalender nach Neumond
und Mondabnahme rechnet. Die Zeit der Zwoelften (Weihnachten bis
Dreikoenig) nennt man in Schwaben und dem angrenzenden Theile der Schweiz
Kloep
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