Walburgs Ausspruch ging von Mund zu
Mund, und bis es der Mutter zu Ohren kam, waren die Linsen ganz hart.
"So?" sagte sie verwundert, "mir kamen sie weich vor, aber wir koennen ja
noch ein wenig mit dem Essen warten."
"Ja, harte Linsen sind nicht gut, sind ganz schlecht," sagten die
Kinder.
So vergingen fuenf Minuten. Inzwischen lief unser Frieder, so schnell er
es nur mit seinem Baum vermochte. Jetzt trabte er die Treppe herauf, und
bei seinem Klingeln eilten alle herbei, um aufzumachen. Frau Pfaeffling
merkte jetzt, dass etwas nicht in Ordnung war und ging auch hinaus. Da
stand Frieder ganz ausser Atem, mit gluehenden Backen, den Christbaum auf
der Schulter und fragte aengstlich: "Isst man schon?"
Als er aber hoerte, dass die Mutter ihn nicht vermisst hatte, und sah, wie
man seinen Baum anstaunte und die Mutter so freundlich sagte: "Stell ihn
nur ab, du gluehst ja ganz," da wurde ihm wieder leicht ums Herz. Sie
meinten alle, der Christbaum gehoere Frieder. "Nein, nein," sagte dieser,
"ich muss ihn einer Frau bringen, ich weiss nur nimmer, wie sie heisst und
wo sie wohnt." Da lachten sie ihn aus und wollten alles genau hoeren,
auch Herr Pfaeffling war hinzu gekommen und hoerte von Frieders
Irrfahrten, nahm ihn bei der Hand und sagte: "Nun komm nur zu Tisch, du
kleines Dummerle, du!"
Die Linsen waren nun ploetzlich weich, und wie es Frieder schmeckte, laesst
sich denken.
Beim Mittagessen wurde beraten, wie man den Christbaum zu seiner
rechtmaessigen Besitzerin bringen koenne. "Einer von euch Grossen muss mit
Frieder gehen, ihm helfen den Baum tragen," sagte Frau Pfaeffling.
"Aber wir Lateinschueler koennen doch nicht in der Luisenstrasse von Haus
zu Haus laufen, wie arme Buben, die die Christbaeume austragen,"
entgegnete Karl.
"Wenn mir da z.B. Rudolf Meier begegnete," sagte Otto, "vor dem wuerde
ich mich schaemen."
"So, so," sagte Herr Pfaeffling, "seid ihr zu vornehm dazu? Dann muss wohl
ich meinen Kleinen begleiten," und er nahm den Baum, der in der Ecke
stand, hob ihn frei hinaus, dass er die Decke streifte und sagte
spassend: "So werde ich durch die Luisenstrasse ziehen, eine Schelle
nehmen und ausrufen: 'Wem der Baum gehoert, der soll sich melden.'"
"Ich denke doch," sagte Frau Pfaeffling, "einer von unseren dreien wird
so gescheit sein und sich nicht darum bekuemmern, wenn auch je ein
Kamerad denken sollte, dass er fuer andere Leute Gaenge macht." Sie
schwiegen aber. Da setzte Herr Pfaefflin
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