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Gespraech gekommen, auf Hygiene im allgemeinen, auf Volkswirtschaftliches,
auf hohe, schliesslich auf ganz hohe Politik, dann noch hoeher hinauf auf
die Kunst, haben sogar einen etwas torkeligen Aufstieg in metaphysische
Gebiete versucht, sich in die Firnenzonen der Philosophie und Religion
verklettert und sind dann mit einem waghalsigen Sprung auf die letzte
Gipfelhoehe der Menschheit gesetzt - auf den im Blauschnee glitzernden,
aller gewoehnlichen Sterblichkeit ewig unerreichbaren Gaurisankar der
heiligen Jurisprudenz.
Da ist dem Amtsgerichtsrat etwas schwindelig geworden. Emanuel Geibel
entpuppte sich als ein hervorragender Jurist, als eiskalter
Verstandesmensch, als einer, der nicht nur ueber den Hanswurst, den
jetzigen Justizminister, spottete, der mit seinem geistigen Zwergenmass die
Riesenschleppe des Ministertalars gar zu possierlich schleifte, sondern
der auch an die Dogmen der anerkanntesten juristischen Groessen mit geradezu
souveraener Ueberlegenheit die Sonde legte. Wie er allein ueber Liszt
urteilte. Dem Amtsgerichtsrat war klar, dass der Mann, der sich unter dem
Namen Emanuel Geibel versteckte, eine eminente Groesse der
Rechtswissenschaft war, hoffentlich der kuenftige Minister. Dann wuerde
vieles an den unhaltbaren verrotteten Zustaenden der heutigen Rechtspflege
gebessert werden. So beschloss der Amtsrichter dreierlei: erstens lieber
gar keine, als eine dumme Bemerkung zu machen, sondern zumeist den andern
reden zu lassen und ihm zuzustimmen; zweitens ganz leise durchschimmern zu
lassen, dass er durch ein ungerechtes Schicksal, vielmehr durch widrige
Gegenstroemungen ins Dunkle gestellt worden sei und gewissermassen auch
etwas mit der Jurisprudenz zu tun habe; drittens privatim sich als
Gottfried Stumpe treuherzig die Sympathie Emanuel Geibels zu erwerben. Das
alles ist gelungen. Eines Tages hat Geibel sogar mit ihm Bruederschaft
gemacht. Denn Emanuel hatte bei allem messerscharfen Verstand ein
poetisches Gemuet, und der Mann, der eben noch Worte gesprochen hatte, von
denen jedes mit Schwefelsaeure getraenkt war, konnte ploetzlich
traumversunken stehenbleiben und seufzen:
"Oh, darum ist der Lenz so schoen
Mit Duft und Strahl und Lied,
Weil singend ueber Tal und Hoeh'n
So bald er weiterzieht."
Oder, weil ihm eben einfiel, dass gar nicht Fruehlingszeit sei:
"Herbstlich sonnige Tage,
Mir beschieden zur Lust,
Euch mit leiserem Schlage
Gruesst die atmende Brust.
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