schmeckte.
Nein, so ging es nicht, sie musste sich zusammennehmen, ehe sie zur
Gesellschaft ging; es war ihr, als sollte sie allen Menschen um den Hals
fallen und ihnen ihr stilles Glueck verkuenden. So ging es nicht, da
musste man es gleich merken; sie stellte sich vor den deckenhohen
Spiegel und probierte recht ernsthafte oder gleichgueltige Gesichter;
aber sie mochte es machen, wie sie wollte, immer guckte wieder ein
lustige Koepfchen mit einem spitzigen Maeulchen aus dem reinen, hellen
Glas. Endlich schalt sie sich selbst recht aus, nannte sich einen
Kindskopf, einen Wildfang und alles moegliche, und siehe, da ging
es endlich; mit dem gleichgueltigsten Gesicht von der Welt trat sie
wieder ins Zimmer und behielt zu ihrer eigenen Verwunderung die
gleichgueltige Miene, bis man sich verabschiedete.
Doch nein, einmal waere sie beinahe herausgeplatzt, und sie hatte zu
beissen und zu schlucken, dass kein Kichern hervorkam.
Die Graefin beklagte sich noch einmal gegen die Sorben, die jetzt ihre
Gesellschaftsdame spielte, dass der Graf heute sich gar nicht habe sehen
lassen. "Das verzeihe ich ihm in den naechsten zwei Tagen nicht," setzte
sie prezioes hinzu, indem sie die arme Ida dabei fixierte und dachte: "Die
verberstet vor Neid," waehrend es nur unterdruecktes Lachen war, was dem
lustigen Amorettenkoepfchen um die Lippen zuckte,--"wenn er morgen frueh
mich zu besuchen kommt, wird er nicht angenommen, nachmittags--nicht
angenommen, und abends--nun, da will ich ihm ein so saures Gesicht
machen, dass er nicht mehr daran denkt, uns einen ganzen Tag zu
negligieren."
"Der arme Graf, wie ihn das mitnehmen wird!" laechelte Fraeulein von
Sorben mit einem schadenfrohen Blick auf Ida.
"Der arme Graf," dachte sie und lachte still in sich hinein; sie konnte
sich denken, wie arg dieser schreckliche Vorsatz ihn angreifen werde.
* * * * *
DIE FREIWERBER
Schon seit einer langen halben Stunde hatte am andern Morgen Ida an ihrem
Fenster gelauscht. Um neun Uhr, ehe der Vater in die Session ginge, hatte
Martiniz kommen wollen, um mit ihm zu sprechen; es war ein Viertel, er kam
noch nicht. Dass der Vater ihn erwarten wuerde, wusste sie wohl; denn der
Graf hatte sich anmelden lassen; aber sie fuerchtete, der Praesident
moechte uebler Laune werden, wenn er so lange warten muesse. Ihr Herzchen
pochte so ungeduldig, alle Augenblicke wechselte das Rot auf ihren
Wangen, der braeutliche Busen flog
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