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Geistesgenuss entsagen, sollen wir so ganz asketisch, leben, dass unsere
Taschenlektuere Klopstocks Messias werden soll?
Mitnichten! und es waere Torheit, es zu verlangen; als der Schoepfer dem
Sterblichen Witz und Laune, Humor und Empfaenglichkeit fuer Freude in die
Seele goss, da wollte er nicht, dass seine Menschen trauernd und stumm
ueber seine schoene Erde wandelten. Es hat zu allen Zeiten grosse Geister
gegeben, die es nicht fuer zu gering hielten, durch die Gaben, die ihnen
die Natur verlieh, die Welt um sich her aufzuheitern. Nein, gerade weil sie
den tiefen Ernst des Lebens und seine hohe Bedeutung kannten, gerade
deswegen suchten sie von diesem Ernste--trueben Sinn und jene Traurigkeit
zu verbannen, die alles, auch das Unschuldigste, mit Bitterkeit mustert.
Wirkliche Tiefe mit Humor, Wahrheit mit Scherz, das Edle und Grosse mit dem
heiteren Gewand der Laune zu verbinden, moechte auf den ersten Anblick
schwer erscheinen. Aber England und Deutschland haben uns seit
Jahrhunderten so glaenzende Resultate gegeben, dass wir glauben duerfen,
wenn nur der Geschmack der Menge besser waere, der Geister, die sie wuerdig
und angenehm zu unterhalten wuessten, wuerden immer mehrere auftauchen.
Welchen Mann, der nicht allen Sinn fuer Scherz und muntere Laune hinter
sich geworfen hat, welchen Mann ergoetzt nicht die Schilderung eines
sonderbaren, verschrobenen Charakters? Wer erfreut sich nicht an heiteren
Szenen, wo nicht der _Verfasser_ lacht, sondern die Figuren, die er uns
gezeichnet? Wem, wenn er auch jahrelang nicht gelaechelt haette, muessten
nicht Jean Pauls Pruegelszenen ein Laecheln abgewinnen? Auf der
Stufenleiter seines Humors steigt er herab bis in das unterste, gemeinste
Leben; aber sehet ihr ihn jemals gemein werden, wie Clauren auf jeder Seite
ist? Walter Scott, der Mann des Tages, der aus manchem Herzen selbst die
Wurzel des "Vergissmeinnicht" gerissen hat, Walter Scott treibt sich in den
gemeinsten Schenken des Landes, in den schmutzigsten Hoehlen von Alsatia
umher; aber sehet ihr ihn jemals gemein werden? Weiss er nicht, wie jene
niederlaendischen Kuenstler, sogar das Unsauberste zu malen, ohne dennoch
selbst unreinlich und schluepfrig zu sein? Koennet ihr nicht seine
Schilderungen, selbst an das Gefaehrliche streifende Situationen, jedem
Maedchen von Zucht und Sitte vorlesen, ohne sie dennoch erroeten zu machen?
Solche Maenner kommen mir vor wie anstaendige Leute, die durch eine
schmutzige Strasse in
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