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erzaehlen. Es kam einst ein fremder Mensch in eine Stadt, der sich Zutritt
in die gute Gesellschaft zu verschaffen wusste. Dieser Mensch betrug sich
von Anfang etwas linkisch, doch so, dass man manche seiner Manieren
uebersehen und zurechtlegen konnte. Er hielt sich gewoehnlich zu den Frauen
und Maedchen, weil ihm das Gespraech der Maenner zu ernst war, und jene
lauschten gerne auf seine Rede, weil er ihnen Angenehmes sagte. Nach und
nach aber fand es sich, dass dieser Mensch seiner gemeineren Natur in
dieser Gesellschaft wohl nur Zwang angetan hatte; er sprach freier, er
schwatzte den Ohren unschuldiger Maedchen Dinge vor, worueber selbst die
aelteren haetten erroeten muessen. Wie es aber zu gehen pflegt: das
Luesterne reizt bei weitem mehr als das Ernste, Sittliche; zwar mit
niedergeschlagenen Augen, aber offnem Ohr lauschten sie auf seine Rede, und
selbst manche Zote, die fuer eine Bierschenke derb genug gewesen waere,
bewahrten sie in feinem Herzen. Der fremde Mann wuerde der Liebling dieses
Zirkels. Es fiel aber den Maennern nach und nach auf, dass ihre Frauen
ueber manche Verhaeltnisse freier dachten als zuvor, dass selbst ihre
Maedchen ueber Dinge sprachen, die sonst einem unbescholtenen Kinde von
fuenfzehn bis sechzehn Jahren fremd sein muessen. Sie staunten, sie
forschten nach dem Ursprung dieser schlechten Sitten, und siehe, die Frauen
gestanden ihnen unumwunden: "Es ist der liebenswuerdige, angenehme Herr,
der uns dieses gesagt hat." Viele der Maenner versuchten es mit Ernst und
Warnung, ihn zum Schweigen zu bringen; umsonst, er schuettelte die Pfeile
ab und plauderte fort. Die Maenner wussten nicht, was sie tun sollten; denn
es ist ja gegen die Sitte der guten Gesellschaft, selbst einen verworfenen
Menschen die Treppe hinabzuwerfen. Da versuchte einer einen andern Weg. Er
setzte sich unter die Frauen und lauschte mit ihnen auf die Rede des Mannes
und merkte sich alle seine Worte, Wendungen, selbst seine Stimme. Und eines
Abends kam er, angetan wie jener Verderber, setzte sich an seine Seite,
liess ihn nicht zum Worte kommen, sondern erzaehlte den Frauen nach
derselben Manier, mit nachgeahmter Stimme, wie es jener Mann zu tun
pflegte. Da fanden die Vernuenftigeren wenigstens, wie laecherlich und
unsittlich dies alles sei. Sie schaemten sich, und als jener Mensch dennoch
in seinem alten Ton fortfahren wollte, wandten sie sich von ihm ab; er aber
stand beinahe allein und zog beschaemt von dannen.
"Wo Er
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