uenf Meilen hinauf; statt ihm aber weiter seiner Quelle zu gegen Osten, wo
er Atacavi heisst, zu folgen, liefen wir jetzt in den Rio Temi ein. Ehe wir
an die Muendung desselben kamen, beim Einfluss des Guasacavi, wurden wir auf
eine Granitkuppe am westlichen Ufer aufmerksam. Dieselbe heisst der *Fels
der Guahiba-Indianerin*, oder der Fels der Mutter, _Piedra de la madre_.
Wir fragten nach dem Grund einer so sonderbaren Benennung. Pater Zea
konnte unsere Neugier nicht befriedigen, aber einige Wochen spaeter
erzaehlte uns ein anderer Missionaer einen Vorfall, den ich in meinem
Tagebuch aufgezeichnet und der den schmerzlichsten Eindruck auf uns
machte. Wenn der Mensch in diesen Einoeden kaum eine Spur seines Daseyns
hinter sich laesst, so ist es fuer den Europaeer doppelt demuethigend, dass
durch den Namen eines Felsen, durch eines der unvergaenglichen Denkmale der
Natur, das Andenken an die sittliche Verworfenheit unseres Geschlechts, an
den Gegensatz zwischen der Tugend des Wilden und der Barbarei des
civilisirten Menschen verewigt wird.
Der Missionaer von San Fernando(57) war mit seinen Indianern an den
Guaviare gezogen, um einen jener feindlichen Einfaelle zu machen, welche
sowohl die Religion als die spanischen Gesetze verbieten. Man fand in
einer Huette eine Mutter vom Stamme der Guahibos mit drei Kindern, von
denen zwei noch nicht erwachsen waren. Sie bereiteten Maniocmehl. An
Widerstand war nicht zu denken; der Vater war auf dem Fischfang, und so
suchte die Mutter mit ihren Kindern sich durch die Flucht zu retten. Kaum
hatte sie die Savane erreicht, so wurde sie von den Indianern aus der
Mission eingeholt, die auf die *Menschenjagd* gehen, wie die Weissen und
die Neger in Afrika. Mutter und Kinder wurden gebunden und an den Fluss
geschleppt. Der Ordensmann sass in seinem Boot, des Ausgangs der Expedition
harrend, die fuer ihn sehr gefahrlos war. Haette sich die Mutter zu stark
gewehrt, so waere sie von den Indianern umgebracht worden; Alles ist
erlaubt, wenn man auf die _conquista espiritual_ auszieht, und man will
besonders der Kinder habhaft werden, die man dann in der Mission als
Poitos oder Sklaven der Christen behandelt. Man brachte die Gefangenen
nach San Fernando und meinte, die Mutter koennte zu Land sich nicht wieder
in ihre Heimath zurueckfinden. Durch die Trennung von den Kindern, die am
Tage ihrer Entfuehrung den Vater begleitet hatten, gerieth das Weib in die
hoechste Verzweiflung. Sie beschloss, die Ki
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