*
DER NEUE NACHBAR.
Es war, als sei ein feindlicher Daemon mit der Graefin in Praesidents
Haus eingezogen. In wenigen Stunden war alles, das ganze ruhige, stille
Leben des Hauses veraendert. Alles rannte und flog, um den hohen Gast zu
bedienen; es war ein Jagen und Treiben, ein Rennen und Laufen, dass man
glaubte, der Feind sei vor den Toren. Der Aergste war der Praesident
selbst; ganz still verklaert schluepfte er in allen Ecken des Hauses
umher, zankte und hantierte, dass die Konfusion nur noch aerger wurde
und sein Maedchen, das vor Haushaltungsgeschaeften und
Herzensangelegenheiten nicht wusste, wo ihr der Kopf stand, ihn um
Gottes willen bat, sie doch ganz allein machen zu lassen. Es war aber
auch kein Wunder, dass er sich ein wenig verrueckt gebaerdete. Der
Himmel hing ihm voller eigenhaendig-durchlauchtigster Belobungsschreiben,
voll grosser Verdienstkreuze mit breitem Band ueber die Brust, voll
Dotationen und Standeserhoehungen; jetzt war er in seinem _Esse_, jetzt
konnte er negozieren und zeigen, dass er nicht umsonst in Regensburg
und Wetzlar in seiner fruehen Jugend Diplomatie studiert hatte: Was er
mit seinen kuehnsten Wuenschen nicht fuer moeglich gehalten haette,
fuehrte ihm ganz bequem der Zufall in die Haende. Der Staatssekretaer
hatte ihm aufgetragen, dafuer zu sorgen, dass Martiniz sich ankaufe und
fuer die Idee einer Verbindung mit der Aarstein gewonnen werde; es hatte
ihm wahrhaftig schon manche Sorge gemacht, ob er diesen Ausbruch
allerhoechsten Vertrauens auch gehoerig rechtfertigen werde. Jetzt gab
der Himmel der Graefin ein, auf ihre Gueter zu reisen. Was doch nicht
der Zufall tut! Ohne daran zu denken, dass es wirklich einmal in
Erfuellung gehen koenne,--denn der gerade Weg fuehrte zwei Meilen
seitwaerts an Freilingen vorbei,--hatte er einmal in der Residenz
in einem Anfall von galanter Laune der Graefin das Versprechen
abgenoetigt, einmal auf ihrer Reise bei ihm einzusprechen. Und
wie gluecklich fuegte es sich jetzt! Sie, die beim Herrn alles galt, die
er behandelte wie seine eigene Tochter und der er alles zu Gefallen tat,
sie, nach deren Wink die ersten Chargen sich richten mussten, die, ohne
dass man es merkte, an ganz geheimen Faeden das Land regierte, sie
besuchte _ihn_.
Aber sie sollte auch gehalten werden, als waere sie in ihrem eigenen
Hause, dass sie recht viel Schoenes und Gutes hoeheren Orts von ihm und
seinem Hause sagen konnte. Kaum hatte sie geaeussert, sie find
|