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kann, ohne von anderen Menschen gestoert zu werden. Sie alle flohen den
Laerm des grossstaedtischen Nizza und des uebereleganten Cannes. "Wenn ich
eine grosse Stadt lieben moechte," pflegte Alphonse Karr zu sagen, "zoege ich
zurueck nach Paris." Auch ist es im Sommer hier kuehler als jenseits des
Esterel, und der sandige Strand ladet dann zum erfrischenden Bade ein;
daher sich St. Raphael immer mehr zum sommerlichen Seebad entwickelt. Im
Winter ist es zu sehr den Winden ausgesetzt. Das sollten auch wir noch
erfahren. Schon am Abend bei unserer Ankunft begann sich Ostwind zu
erheben, am naechsten Tage wehte er mit Macht und war von heftigem Regen
begleitet. Gegen dieses Unwetter liess sich im Freien nicht ankaempfen. Der
Wind trieb die Regentropfen fast wagrecht durch die Luft. Das dauerte so
zwei Tage. Starker Ostwind ist hier meist mit Regen gepaart, somit
traurig. Ganz verschieden gebaerdet sich sein Widersacher, der noerdliche
Mistral. Er ist trocken und daher weit heiterer. Er fegt den Himmel rein
und pfeift bei Sonnenschein. Er blaest nicht in langen Zuegen, sondern in
abrupten Stoessen, er klingt donnerartig und ruettelt an den Gebaeuden. Der
Ostwind hingegen blaest staerker oder schwaecher, doch ohne Unterbrechung
fort; seine Stimme ist mehr ein Klagen, so dass man bei Nacht langgedehnte
Schluchzer zu hoeren meint. In der zweiten Nacht, die auf unsere Ankunft
folgte, entlud sich ein polterndes Gewitter, das mit dumpfem Droehnen die
Thaeler erfuellte und zuckende Flammen auf die Meeresflaeche warf; als der
Morgen aber kam, da strahlte die Sonne wieder hell in unser Zimmer hinein.
Das Meer tobte weiter, und wir zogen hinaus, um seinen Anprall gegen die
Felsen des Strandes zu sehen. - Zu den Wahrzeichen von St. Raphael gehoeren
seine beiden Loewen: "_le lion de terre_" und "_le lion de mer_", zwei
rothe Porphyrfelsen, die gleichsam Wache an dem Strande halten. Der
Seeloewe hat sich weiter in das Wasser hinausgewagt, der Landloewe dicht am
Ufer gelagert. Sie lauern da wie apokalyptische Thiere und trotzen seit
Ewigkeit der nagenden Kraft der Wellen. Jetzt stuermt das Meer mit Macht
gegen diese Felsen an, waelzt seine Wogen ueber sie hinweg und wirft mit
Getoese schaeumenden Gischt hoch an ihnen empor. Ueber den Porphyrloewen im
blauen Himmelsraum, da wiegen sich aber die Moeven. Wie gerne folgt ihnen
das Auge, diesen muthigen Voegeln, wenn sie mit breitem und maechtigem
Fluegelschlag die Luft durchschneiden. Jetz
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