nicht einmal fuer noethig mit dem Schweife zu wedeln, als wir ihm die Cakes
ueberreichten. Er hatte sie verdient; Demuth war nicht am Platze. Wir
traten in die Grotte ein. Rechts birgt sie eine Cisterne. Im Hintergrunde
ist ein bescheidener Altar errichtet, und noch bescheidenere Standbilder
der Heiligen zieren die Waende. Hier soll einst als Einsiedler der heilige
Honoratus gelebt haben, jener Heilige, der um das Jahr 408 auf den
Lerinischen Inseln ein beruehmt gewordenes Kloster gruendete. Zahlreiche
Pilger zogen Jahrhunderte lang und ziehen auch jetzt noch am ersten
Donnerstag im Mai den steilen Berg hinauf, um den Heiligen zu verehren.
Eine Nische in der Grotte soll des Heiligen Lager gebildet haben. Die
Pilger betrachten mit Andacht die Vertiefungen im Stein, die sie als
Spuren deuten, welche der Koerper des Heiligen hinterliess.
St. Honoratus stammte aus dem noerdlichen Gallien, wie es heisst aus einer
vornehmen Familie. Noch jung zog er sich in diese Einoede zurueck. Sein
Beispiel regte zur Nachahmung an. Es folgte ihm der heilige Eucharius, ein
provencalischer Edelmann, Seigneur de Theol et de Mandelieu, der aber
spaeter als der heilige Honoratus der Welt entsagte. Er mag manchen
bitteren Kummer und manche Enttaeuschung zuvor erlebt haben. Denn, wie ich
der Geschichte der Dioecese Frejus, die der Abbe Disdier veroeffentlicht
hat, entnehme, war der heilige Eucharius zuvor verheirathet gewesen und
besass zwei Soehne und zwei Toechter. Als ihm seine Frau durch den Tod
entrissen wurde, uebergab er die Erziehung der Soehne dem heiligen Hilarius
und zog sich zunaechst auf eine der Lerinischen Inseln und dann in die
Einsiedelei des Cap Roux zurueck. Er bewohnte hier eine Grotte, die noch
unzugaenglicher, noch abgeschlossener als diejenige des heiligen Honoratus
war. Hier "von Allen getrennt, der Ruhe und der Schweigsamkeit sich
weihend, hatte er weder den Willen noch die Gelegenheit zu suendigen". Hier
verfasste er auch einen begeisterten Tractat zum Lob der Einsamkeit. Doch
sollte er sein Leben nicht in dieser Einoede beschliessen. Abgesandte der
Lyoner Gemeinde entfuehrten ihn, um ihn als Erzbischof an ihre Spitze zu
stellen. - Schwer faellt es heute, sich in den Geist jener begeisterten
Asketen zu versetzen, denen als Ideal der Vollkommenheit nicht die
Erfuellung der sittlichen Pflichten des Lebens, sondern der Ertoedtung aller
sinnlichen Gelueste vorschwebte. Doch damals waren die Zeiten anders, und
es sah so trau
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