en. Castor begleitet uns zur
Bahn. Wir streicheln ihn vor der Trennung. Er sieht lange dem
Eisenbahnzuge nach, der uns davontraegt. Sein Blick truebt sich - fast
scheint es uns, er habe Thraenen in den Augen.
XI.
Bald lag das Esterelgebirge hinter uns im Westen, und wir fuhren in
sanftem Aufstieg dem Norden zu. Der Schienenweg fuehrte im Thal der Siagne
an Feldern von Rosen und Jonquillen, von Veilchen und von Jasmin vorbei;
dann folgte er wieder grauen Olivenhainen. So erreichten wir Grasse, eine
Stadt in mittelalterlichem Gewande. Sie klettert empor an den letzten
Auslaeufern der Alpen. In Windungen fuehren die Strassen in die Hoehe; steile
Treppen kuerzen die Wege ab, Gewoelbpfeiler verbinden in engen Gassen die
gegenueberliegenden Haeuser, damit sie den steilen Abhang nicht abwaerts
gleiten. Es draengen sich in solchen Gassen die Menschen an einander
vorbei; stellenweise stockt der Verkehr. Der moderne Inhalt der
Schaufenster an den Laeden passt nicht zu der alten Umrahmung. Manchem
Hausgang entweicht ein fettiger Dampf, gewuerzt mit Zwiebel und Knoblauch.
Da gibt es Fritturen, unverfaelschte mediterrane Wohlgerueche. Doch mit
jenem Oelduft mischt sich ein anderes durchdringendes Parfuem, das an
freieren Orten allein zur Geltung gelangt; es kommt vom Santalholz, das
aufgeschichtet in den Parfuemfabriken liegt. Seine Verarbeitung hat jetzt
begonnen.
Grasse ist sehr alten Ursprungs, wurde aber zu wiederholten Malen
vollstaendig zerstoert. Sein Wiederaufbau im sechsten Jahrhundert soll
eigenartiger Weise erfolgt sein durch Juden. Es waren, so heisst es,
Nachkommen jener Juden, die Tiberius gegen das Jahr 19 unserer
Zeitrechnung aus Rom vertrieb. Waehrend der Judenverfolgung, die im
sechsten Jahrhundert in der Provence ausbrach, gingen diese Juden zum
Christenthum ueber und erhielten die Ruinen der alten roemischen Stadt dafuer
zum Lohn. Sie sind es, die ihr den Namen "Gratia" gaben. Das Stadtwappen
von Grasse fuehrt ein silbernes Osterlamm in azurnem Feld; man sucht dies
in Verbindung zu bringen mit der einstigen Bekehrung seiner Wiedererbauer.
Wir finden Grasse nicht schoen, und auch der Ausblick von seinen Plaetzen
und Gaerten in das ferne Meer entzueckt uns nicht. Bilden doch den
Vordergrund jenseits der Huegel steife und nuechterne Kasernen, die jedes
aesthetische Empfinden stoeren. Doch anmuthig ist der Blick auf Grasse
selbst, vom Garten des Grand Hotel, den man auf der n
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