te der Blick dann ueber
gruene Thaeler und Berge weithin sich verlieren. Doch kein Haus war zu
entdecken, nirgends verrieth aufsteigender Rauch eine verborgene Huette:
nichts als Waelder, Thaeler und Berge in endloser Einsamkeit. Seitdem wir
das Gebirge betreten hatten, war uns kein Mensch begegnet. Wir fuehlten uns
ganz allein: es war fast unheimlich. Nach zwei Stunden erreichten wir eine
menschliche Behausung, das Forsthaus zu Malpay: "_M[=a]ou pays_",
schlechte Gegend, wie es provencalisch heisst, in Erinnerung an jene Zeit,
wo es hier nicht geheuer war, zu reisen.
Die Frau Foersterin schien sichtlich erfreut, sich wieder einmal
aussprechen zu koennen, und gab uns, waehrend wir fruehstueckten, genaue
Auskunft ueber die Gegend. Sie zeigte uns auch in oestlicher Richtung ein
Stueck der roemischen Strasse, die man von hier aus auf eine laengere Strecke
hin ueberblicken kann. Rom mit Gallien verbindend, endete sie in Arelate,
dem heutigen Arles, von wo die "_via Domitia_" nach Spanien fuehrte. Zwei
roemische Strassen, die als aurelianische bezeichnet wurden, fuehrten durch
das Esterel. Die aeltere folgte von Cannes aus der Kueste und erst vor der
suedlichsten Felsengruppe des Esterel drang sie landeinwaerts, in ein Thal,
um in westlicher Richtung Frejus zu erreichen. Spaeter legten die Roemer die
zweite Strasse an, die, in gerader Richtung ueber die Berge laufend,
ungefaehr der heutigen zwischen Frejus und Cannes entspricht und von der
wir hier ein Stueck vor Augen hatten. In einer verborgenen Schlucht unfern
derselben liegen in Malpay noch Porphyrsaeulen aus alter Zeit, unvollendete
Arbeit der Roemer. Der violettrothe Stein hat sich seitdem freilich mit
einer dicken schwarzen Kruste bedeckt. An die Benennung jener roemischen
Strassen erinnern hier noch die Namen der Ufer und Berge. Dort, wo die
aeltere der beiden Strassen das Meer verliess, heisst immer noch das Ufer
"Plage d'Aurel", und "Pic d'Aurel" heissen die Porphyrmassen, denen sie
dann folgte. Dieses Gebirge war spaeter von aller Cultur so abgeschnitten,
neuen Einfluessen so entzogen, dass das Volk bis auf den heutigen Tag eine
noch benutzte Strecke der aelteren Strasse "_lou camin Aurelian_" nennt.
Man verlaesst in Malpay die breite Strasse und folgt in oestlicher Richtung
dem Fussweg, der in zahlreichen Windungen am suedlichen Abhang des Mont
Vinaigre aufwaerts steigt. - Wie kommt der Berg zu seinem merkwuerdigen
Namen? Es heisst der saure Wein, der an seinen
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