ltet und
geherrscht und aus dem sie nun einsam, scheu, verfolgt wie eine
Verbrecherin fluechtete. Sie dachte des Sohnes, der in den Tiefen des
Palastes ruhte. - Sie dachte der Tochter, die sie selbst aus diesen
Mauern, aus ihrer Naehe verbannt hatte. -
Und einen Augenblick drohte der Schmerz die Verlassene zu ueberwaeltigen:
sie wankte, muehsam hielt sie sich aufrecht an dem breiten Marmorgelaender
der Terrasse: ein Fieberschauer ruettelte an ihrem Leibe wie das Grauen der
Verlassenheit an ihrer Seele.
"Aber mein Volk!" sprach sie zu sich selbst "und meine Busse - ich will's
vollenden." Gekraeftigt von diesem Gedanken eilte sie die Stufen der Treppe
hinab und bog in den von Epheu ueberwoelbten Laubgang ein, der quer durch
den Garten fuehrte und an dem Venustempel muendete. Rasch schritt sie voran,
erbebend, wann zu einem der Seitengaenge das Herbstlaub, wie seufzend,
hereinwirbelte.
Atemlos langte sie vor dem kleinen Tempel an und liess ringsum die
suchenden Blicke schweifen. Aber keine Saenfte, keine Sklaven waren zu
sehen, rings war alles still: nur die Aeste der Platanen seufzten im Winde.
Da schlug das nahe Wiehern eines Pferdes an ihr Ohr.
Sie wandte sich: - um den Vorsprung der Mauer bog mit hastigen Schritten
ein Mann. Es war Dolios. Er winkte, scheu umherspaehend. Rasch eilte die
Fuerstin auf ihn zu, folgte ihm um die Ecke: und vor ihr stand Cassiodors
wohlbekannter gallischer Reisewagen, die bequeme und vornehme Carruca, von
allen vier Seiten mit verschiebbaren Gitterlaeden von feinem Holzwerk
umschlossen, und mit dem raschen Dreigespann belgischer Manni beschirrt.
"Eile thut not, o Fuerstin," fluesterte Dolios, sie in die weichen Polster
hebend. "Die Saenfte ist zu langsam fuer den Hass deiner Feinde. Stille und
Eile, dass uns niemand bemerkt."
Amalaswintha blickte noch einmal um sich.
Dolios oeffnete das Thor des Gartens und fuehrte den Wagen vor dasselbe
hinaus. Da traten zwei Maenner aus dem Gebuesch: der eine bestieg den Sitz
des Wagenlenkers vor ihr: der andere schwang sich auf eines der beiden
gesattelt vor dem Thore stehenden Rosse: sie erkannte die Maenner als
vertraute Sklaven Cassiodors: sie waren wie Dolios mit Waffen versehen.
Dieser sperrte wieder sorgfaeltig das Gartenthor und liess die Gitterladen
des Wagens herab. Dann warf er sich auf das zweite der Pferde und zog das
Schwert: "Vorwaerts!" rief er.
Und von dannen jagte der kleine Zug, als waer' ihm der Tod auf der Ferse.
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