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er uns nicht stoert: ja vielleicht zerstoert. Man muss in dieser Lage an die
Lehren der Kanonade von Valmy denken, die mehr als hundert Jahre frueher
die aufgewuehlten und zerrissenen franzoesischen Volkskraefte wieder
zusammenschweisste und den Antrieb gab zu jener grossen blutroten Flut, die
ganz Europa ueberschwemmte. Freilich, das Russland des Jahres 1917 verfuegt
nicht mehr ueber die grossen, unverbrauchten Menschenmassen des damaligen
Frankreichs. Des Zarenreiches beste und tauglichste Kraefte stehen an der
Front oder liegen in Massengraebern vor und hinter unseren Linien.
Der Verzicht, der mir persoenlich durch ruhiges Warten angesichts der
beginnenden russischen Zersetzung auferlegt wird, ist gross. Kann ich mich
jetzt aus politischen Gruenden mit einer Offensive an der Ostfront nicht
befreunden, so draengt das soldatische Empfinden zu einem Angriff im
Westen. Ich denke an das Stocken des englischen Angriffs bei Arras, an die
schwere Niederlage Frankreichs zwischen Soissons und Reims. Gibt es einen
naeher liegenden Gedanken als den, alle brauchbaren Kampftruppen vom Osten
nach dem Westen zu werfen und dort zum Angriff vorzugehen? Noch ist
Amerika weit weg. Mag es kommen, nachdem auch Frankreichs Kraefte gebrochen
sind. Dann kommt es zu spaet!
Die ihr drohende schwere Gefahr erkennt aber auch die Entente, und sie
arbeitet mit allen Mitteln, um den Zusammenbruch der russischen Macht und
damit eine weitgehende Entlastung unserer Ostfront zu verhindern. Russland
muss aushalten, wenigstens bis Amerikas neugebildete Armeen den
franzoesischen Boden betreten koennen, sonst scheint die kriegerische und
moralische Niederlage Frankreichs sicher. Also schafft die Entente
Politiker, Agitatoren, Offiziere nach Russland, um die dortige zerwuehlte
und rissige Front zu stuetzen; sie vergisst auch nicht diesen Missionen Geld
mitzugeben, das an manchen Stellen Russlands kraeftiger wirkt als politische
Gruende.
Durch diese Gegenwirkung werden uns auch diesmal die groessten
Siegesaussichten geraubt. Die russische Front wird gehalten, nicht durch
eigene Staerke, sondern hauptsaechlich durch die agitatorischen Mittel, die
unsere Feinde dorthin bringen, und die ihre Zwecke erreichen, selbst gegen
den Willen der russischen Massen.
Haetten wir nicht vielleicht doch angreifen sollen, als sich die ersten
Zerreissungen im russischen Gebaeude zeigten? Verdarben uns nicht vielleicht
politische Gesichtspunkte die schoensten Fruechte
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