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Artikel der franzoesischen Journale gelesen, die nationale Entruestung,
welche ganz Deutschland bei diesen Provocationen erfasste, war auch
dorthin in die stillen Kreise des Badelebens gedrungen, aber man hatte
auch wieder Gelegenheit gehabt, hier in unmittelbarer Naehe den so
freundlichen Verkehr des Koenige mit dem franzoesischen Botschafter zu
sehen. Man hatte gesehen, wie Seine Majestaet den Grafen Benedetti
taeglich auf der Promenade auf das huldvollste anredete und einige Zeit
in lebhafter Conversation mit ihm auf- und niederging. Das Laecheln
verschwand keinen Augenblick von dem glatten Gesicht des Botschafters
und der Koenig war ruhig und heiter wie immer.
Baron Werther war wieder nach Paris zurueckgereist; der Minister des
Innern, welchen der Graf Bismarck, der von Barzin kommend, in Berlin
leicht erkrankt war, zum Koenige nach Ems entsendet hatte, war wieder
nach Berlin zurueckgekehrt; der Finanzminister war angekommen, um wie man
erzaehlte, Seiner Majestaet ueber Angelegenheiten seines Ressorts Vortrag
zu halten, und Alles schien wieder in das gewohnte Geleis
zurueckzukehren.
Als nun gar der Telegraph die Nachricht brachte, dass der Prinz Leopold
von Hohenzollern auf seine Candidatur Verzicht geleistet, und dass Graf
Bismarck, darin die vollstaendige Erledigung der ganzen Angelegenheit
erblickend, seine Reise nach Ems aufgegeben habe, da verschwanden
vollends die letzten Besorgnisse, und man sah auf der Brunnenpromenade
nur heitere und laechelnde Gesichter, man verabredete Partien in die
Berge, und die Unterhaltung, welche so lange von den ernsten
Gegenstaenden der Politik in Anspruch genommen war, wandte sich wieder
den kleinen Ereignissen des Tages zu.
Man sprach von den Toiletten der Herzogin von Ossuna, welche soeben mit
ihrem Gemahl angekommen war und Alles durch ihren Geschmack und ihre
Eleganz in den Schatten stellte. Man wiederholte die maerchenhaften
Erzaehlungen ueber den Reichthum dieses spanischen Granden, welcher die
Koenigin Isabella am Hofe von St. Petersburg vertreten und an diesem
prachtvollsten Hof Europas einen Glanz entwickelt hatte, der selbst
dort noch nicht gesehen worden war.
Da ploetzlich drang am Nachmittag des 14. Juli in diese wieder zu
sorgloser, heiterer Geselligkeit sich zusammenschliessenden Kreise wie
ein unvorbereiteter Wetterschlag die Nachricht, dass der Koenig, den man,
wie er oefter that, nach Coblenz zu seiner Gemahlin hatte fahren sehen,
der am Abend zurueck
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