iner Erinnerung zu suchen nach diesen Toenen und blickte wie
fragend auf den Legationsrath Abeken hin, welcher rueckwaerts vom Fenster
neben seinem Sessel stand.
"Es ist die Wacht am Rhein, Majestaet," sagte der Geheime Legationsrath.
Still schweigend blickte der Koenig vor sich hin.
"Die Wacht am Rhein,--die Wacht am Rhein," sagte er tief sinnend,
waehrend die Melodie draussen weiter klang, und erst einzelne Stimmen,
dann ein immer vollerer Chor die Musik zu begleiten begann.--
"Die Wacht am Rhein,--ja, ja, das ist es, das ist schoen--das ist sehr
schoen, das ist das wahre Wort, welches einfach, herrlich und gross den
tiefen Gedanken ausdrueckt, der diese Tage bewegt, und der das ganze Volk
zusammenfuehrt zur Abwehr des verwegenen Angriffs."
Langsam setzte sich der Zug in Bewegung. Kein Hurrahrufen erscholl, aber
die ganze grosse Menschenmenge war in den Gesang eingefallen, der voll
und gewaltig dem Koenige nachklang, welcher am Fenster stand und auf alle
diese entbloessten Haeupter, auf alle diese von Begeisterung flammenden
Gesichter hinblickend, mit leisen Bewegungen des Hauptes den Rhythmus
der Melodie begleitete, bis dieselbe unter dem Rollen der Raeder und dem
Schnauben der Maschine in der Ferne verklang.
So kam man naeher und naeher nach Brandenburg, wo, wie dem Koenige durch
den Telegraphen gemeldet war, der Kronprinz, Graf Bismarck, der
Kriegsminister von Roon und der General von Moltke den Koenig erwarteten.
Endlich, der Abend dunkelte bereits herein, fuhr der Zug in den Bahnhof
der alten maerkischen Stadt ein. Fast die ganze Bevoelkerung war dort
versammelt, die Spitzen der Behoerden, und die Officiercorps standen auf
dem Perron hinter den Ministern; Allen voran der Kronprinz, welcher, als
kaum der Zug zum Stehen gebracht war, selbst die Thuer oeffnete, in den
Salonwagen hineinsprang und in tiefer Bewegung die Hand des Koenigs an
seine Lippen fuehrte.
Der Koenig breitete seine Arme aus und drueckte seinen Sohn einen
Augenblick schweigend an die Brust.
"Ich hatte gehofft," sagte er dann ruhig und milde, "dass der Abend
meines Lebens in Frieden enden wuerde, und dass die Kaempfe der Zukunft
Deinem juengeren und kraeftigeren Arm ueberlassen bleiben sollten,--Gott
hat es anders gewollt, Du wirst mir zur Seite stehen, um unser Volk
nochmals zum Siege zu fuehren."
Dann trat er auf den Perron hinaus und unter den immer von Neuem sich
wiederholenden Zurufen, die sich weithin in der Umgebung des B
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