end, einer Nachricht von ihrem
Geliebten entgegengesehen.
Als ein Tag nach dem andern vergangen war, ohne dass eine solche
Nachricht eintraf, hatte sie dann alle Moeglichkeiten der Verzoegerung
sich klar gemacht, sie hatte auch wohl mit einem leichten Gefuehl von
Traurigkeit sich oft gesagt, dass der junge Mann unter dem Eindruck der
Rueckkehr in seine alte Heimath erfuellt von den lebhaften Gefuehlen des
Wiedersehens seiner Mutter gezoegert habe, ihr zu schreiben. Ja sie hatte
sich sogar in eine freudige Stimmung hinein gedacht, indem sie sich
sagte, dass ihm die Ordnung seiner Verhaeltnisse und die Erlangung der
Einwilligung seiner Mutter und seines Oheims zu der neuen Wendung seines
Schicksals vielleicht schneller gelungen waere, als er selbst es gehofft,
und dass er ihr mit der ersten Nachricht vielleicht zugleicht seine
Wiederkehr nach Ueberwindung aller Schwierigkeiten anzeigen wolle--damit
war wieder eine Reihe von Tagen vergangen, bis endlich auch dieser Grund
nicht mehr zur Beruhigung ihrer immer banger werdenden Unruhe genuegen
wollte. Dann war jene entsetzliche, das ganze innere Wesen des Menschen
zerstoerende Zeit des Wartens gekommen, welche in ihrer dumpfen,
bleiernen Schwere auf die Seele und den Geist vernichtender wirkt, als
der haerteste, aber bestimmt und klar eintretende Ungluecksfall.
Wie die Blume vor dem maechtig niederrauschenden Wetter ihr Haupt senkt,
um es spaeter wieder frisch und duftig erheben, wie sie, wenn die Bluethe
gebrochen wird, neue Bluethen treibt, so kann ein maechtiger Wetterschlag
des Schicksals das menschliche Herz und den menschlichen Geist schwer
und gewaltig erschuettern; aber nach dieser Erschuetterung richtet sich
der Muth wieder empor, die Kraft kehrt zurueck, und neues Glueck, neue
Freude koennen unter wiederkehrendem Sonnenschein freundlicher
Schicksalswendungen erwachsen.
Aber wie die Pflanze, der in duerrer Erde das Wasser entzogen wird,
langsam erstirbt, vergeblich lechzend nach frischer erquickender
Lebenskraft, und wie die vertrockneten Bluethen die verdorrten Blaetter,
langsam erstarrt und gestorben, sich niemals wieder zu neuem Leben
aufrichten koennen, so toedtet und erstarrt das langsame erbarmungslose
Verschwinden der Hoffnung den Glauben des menschlichen Herzens, und wenn
es auch mechanisch in regelmaessigem Pulsschlag das Blut durch die Adern
treibt, sein inneres Leben, der Duft und die Farben kehren ihm nie
wieder zurueck, und es ist todt, lange, lange
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