remd, meine Regierung hat mit derselben
garnichts zu thun. Nun wir werden ja sehen," sagte er, "gehen Sie
inzwischen zu Benedetti und erklaeren Sie ihm zugleich nochmals, warum
ich ihn erst am Nachmittag empfangen kann, er wohnt in der Stadt
Bruessel."
Mit freundlichem Kopfnicken entliess der Koenig den Baron Werther und
wendete sich zu dem Oberpraesidenten von Moeller, einem Mann von etwa fuenf
und fuenfzig Jahren, dessen kluges und offenes Gesicht mit den frischen
Farben und den hellen Augen sein Alter weniger verrieth als das bereits
stark ergraute, ziemlich lang zurueckgestrichene Haar.
"Guten Morgen, mein lieber Moeller," sagte der Koenig, "es freut mich, Sie
hier zu sehen. Ich bin begierig, von Ihnen zu erfahren, wie es in Hessen
steht, und ob meine neuen Unterthanen dort noch immer so unzufrieden
sind, dass sie Preussen geworden sind."
"Majestaet," sagte Herr von Moeller, "die allgemeine Stimmung in der
Provinz, deren Leitung Allerhoechst dieselben mir uebertragen haben,
soehnt sich immer mehr mit der neuen Ordnung der Dinge aus. Alle
Vernuenftigen, namentlich auch die Vertreter des Handels und der
Industrie empfinden immer mehr die Vorzuege einem grossen Staatswesen
anzugehoeren, und ich gebe mir die groesste Muehe ueberall auf die mildeste
Weise die alten Verhaeltnisse mit den neuen Zustaenden zu versoehnen."--
"Ganz recht, ganz recht," fiel der Koenig ein, "Sie handeln darin ganz in
meinem Sinn. Man muss alle berechtigten Eigenthuemlichkeiten schonen, alle
Erinnerungen an die Vergangenheit achten--"
"Die Erinnerungen an die Vergangenheit, Majestaet, stehen uns bei der
Bevoelkerung von Kurhessen vielleicht weniger entgegen, als bei
derjenigen von Hannover. Die Hessen haben viele Anhaenglichkeit an die
Traditionen ihrer Vergangenheit, aber gerade durch die Persoenlichkeit
des letzten Kurfuersten, der ja ueberall wenig Sympathie hatte, haben jene
Erinnerungen an Intensivitaet und Einfluss verloren. Den nachdruecklichsten
und hartnaeckigen Widerstand findet die Regierung leider bei den
Geistlichen, welche befuerchten, dass die Einverleibung in Preussen dem
lutherischen Bekenntniss Gefahr bringen, und dass die Einfuehrung der Union
beabsichtigt werden koennte."
Der Koenig blieb einen Augenblick stehen und blickte sinnend vor sich
hin.
"Mein Gott," fuhr er fort, "dass doch gerade die Priester des
Christenthums sich so wenig zu den Ideen der Liebe und Duldung erheben
koennen, welche den Erloeser selbst
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