m so viel Teilnahme zu rechtfertigen; aber der
eigentliche Grund ihres Beifalls ist ein Unwaegbares, ist Sympathie.
Aschenbach hatte es einmal an wenig sichtbarer Stelle unmittelbar
ausgesprochen, dass beinahe alles Grosse, was dastehe, als ein Trotzdem
dastehe, trotz Kummer und Qual, Armut, Verlassenheit, Koerperschwaeche,
Laster, Leidenschaft und tausend Hemmnissen zustande gekommen sei.
Aber das war mehr als eine Bemerkung, es war eine Erfahrung, war
geradezu die Formel seines Lebens und Ruhmes, der Schluessel zu seinem
Werk; und was Wunder also, wenn es auch der sittliche Charakter, die
aeussere Gebaerde seiner eigentuemlichsten Figuren war?
Ueber den neuen, in mannigfach individuellen Erscheinungen
wiederkehrenden Heldentyp, den dieser Schriftsteller bevorzugte, hatte
schon fruehzeitig ein kluger Zergliederer geschrieben: dass er die
Konzeption "einer intellektuellen und juenglinghaften Maennlichkeit"
sei, "die in stolzer Scham die Zaehne aufeinanderbeisst und ruhig
dasteht, waehrend ihr die Schwerter und Speere durch den Leib gehen".
Das war schoen, geistreich und exakt, trotz seiner scheinbar allzu
passivischen Praegung. Denn Haltung im Schicksal, Anmut in der Qual
bedeutet nicht nur ein Dulden; sie ist eine aktive Leistung, ein
positiver Triumph, und die Sebastian-Gestalt ist das schoenste
Sinnbild, wenn nicht der Kunst ueberhaupt, so doch gewiss der in Rede
stehenden Kunst. Blickte man hinein in diese erzaehlte Welt, sah man
die elegante Selbstbeherrschung, die bis zum letzten Augenblick eine
innere Unterhoehlung, den biologischen Verfall vor den Augen der Welt
verbirgt; die gelbe, sinnlich benachteiligte Haesslichkeit, die es
vermag, ihre schwelende Brunst zur reinen Flamme zu entfachen, ja,
sich zur Herrschaft im Reiche der Schoenheit aufzuschwingen; die
bleiche Ohnmacht, welche aus den gluehenden Tiefen des Geistes die
Kraft holt, ein ganzes uebermuetiges Volk zu Fuessen des Kreuzes, zu
_ihren_ Fuessen niederzuwerfen; die liebenswuerdige Haltung im leeren und
strengen Dienste der Form; das falsche, gefaehrliche Leben, die rasch
entnervende Sehnsucht und Kunst des gebornen Betruegers: betrachtete
man all dies Schicksal und wieviel gleichartiges noch, so konnte man
zweifeln, ob es ueberhaupt einen anderen Heroismus gaebe, als denjenigen
der Schwaeche. Welches Heldentum aber jedenfalls waere zeitgemaesser als
dieses? Gustav Aschenbach war der Dichter all derer, die am Rande der
Erschoepfung arbeiten, der Ueber
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