The Project Gutenberg EBook of Der Tod in Venedig, by Thomas Mann
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Title: Der Tod in Venedig
Author: Thomas Mann
Release Date: April 22, 2004 [EBook #12108]
Language: German
Character set encoding: ASCII
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Thomas Mann
Der Tod in Venedig
Die Texte folgen den Ausgaben:
>Der Tod in Venedig< aus
Muenchen, Hyperionverlag Hans von Weber 1912
Erstes Kapitel
Gustav Aschenbach oder von Aschenbach, wie seit seinem fuenfzigsten
Geburtstag amtlich sein Name lautete, hatte an einem
Fruehlingsnachmittag des Jahres 19.., das unserem Kontinent monatelang
eine so gefahrdrohende Miene zeigte, von seiner Wohnung in der
Prinz-Regentenstrasse zu Muenchen aus, allein einen weiteren Spaziergang
unternommen. Ueberreizt von der schwierigen und gefaehrlichen, eben
jetzt eine hoechste Behutsamkeit, Umsicht, Eindringlichkeit und
Genauigkeit des Willens erfordernden Arbeit der Vormittagsstunden,
hatte der Schriftsteller dem Fortschwingen des produzierenden
Triebwerks in seinem Innern, jenem "motus animi continuus", worin
nach Cicero das Wesen der Beredsamkeit besteht, auch nach der
Mittagsmahlzeit nicht Einhalt zu tun vermocht und den entlastenden
Schlummer nicht gefunden, der ihm, bei zunehmender Abnutzbarkeit
seiner Kraefte, einmal untertags so noetig war. So hatte er bald nach
dem Tee das Freie gesucht, in der Hoffnung, dass Luft und Bewegung ihn
wieder herstellen und ihm zu einem erspriesslichen Abend verhelfen
wuerden.
Es war Anfang Mai und, nach nasskalten Wochen, ein falscher Hochsommer
eingefallen. Der Englische Garten, obgleich nur erst zart belaubt,
war dumpfig wie im August und in der Naehe der Stadt voller Wagen und
Spaziergaenger gewesen. Beim Aumeister, wohin stillere und stillere
Wege ihn gefuehrt, hatte Aschenbach eine kleine Weile den volkstuemlich
belebten Wirtsgarten ueberblickt, an dessen Rande einige Droschken und
Equipagen hielten, hatte von dort bei sinkender Sonne seinen Heimweg
ausserhalb des Parks ueber die offene Flur genommen und erwartete, da er
sich muede fuehlte und ueber Foehring Gewitter
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