nten,
verlieh mit seinen Schnueren, Maschen und Stickereien der zarten
Gestalt etwas Reiches und Verwoehntes. Er sass, im Halbprofil gegen den
Betrachtenden, einen Fuss im schwarzen Lackschuh vor den andern
gestellt, einen Ellenbogen auf die Armlehne seines Korbsessels
gestuetzt, die Wange an die geschlossene Hand geschmiegt, in einer
Haltung von laessigem Anstand und ganz ohne die fast untergeordnete
Steifheit, an die seine weiblichen Geschwister gewoehnt schienen. War
er leidend? Denn die Haut seines Gesichtes stach weiss wie Elfenbein
gegen das goldige Dunkel der umrahmenden Locken ab. Oder war er
einfach ein verzaerteltes Vorzugskind, von parteilicher und launischer
Liebe getragen? Aschenbach war geneigt, dies zu glauben. Fast jedem
Kuenstlernaturell ist ein ueppiger und verraeterischer Hang eingeboren,
Schoenheit schaffende Ungerechtigkeit anzuerkennen und aristokratischer
Bevorzugung Teilnahme und Huldigung entgegenzubringen.
Ein Kellner ging umher und meldete auf englisch, dass die Mahlzeit
bereit sei. Allmaehlich verlor sich die Gesellschaft durch die Glastuer
in den Speisesaal. Nachzuegler, vom Vestibuel, von den Lifts kommend,
gingen vorueber. Man hatte drinnen zu servieren begonnen, aber die
jungen Polen verharrten noch um ihr Rohrtischchen, und Aschenbach, in
tiefem Sessel behaglich aufgehoben und uebrigens das Schoene vor Augen,
wartete mit ihnen.
Die Gouvernante, eine kleine und korpulente Halbdame mit rotem
Gesicht, gab endlich das Zeichen, sich zu erheben. Mit hochgezogenen
Brauen schob sie ihren Stuhl zurueck und verneigte sich, als eine grosse
Frau, grau-weiss gekleidet und sehr reich mit Perlen geschmueckt, die
Halle betrat. Die Haltung dieser Frau war kuehl und gemessen, die
Anordnung ihres leicht gepuderten Haares sowohl wie die Machart ihres
Kleides von jener Einfachheit, die ueberall da den Geschmack bestimmt,
wo Froemmigkeit als Bestandteil der Vornehmheit gilt. Sie haette die
Frau eines hohen deutschen Beamten sein koennen. Etwas von
phantastischem Aufwand kam in ihre Erscheinung einzig durch ihren
Schmuck, der in der Tat kaum schaetzbar war und aus Ohrgehaengen, sowie
einer dreifachen, sehr langen Kette kirschengrosser, mild schimmernder
Perlen bestand.
Die Geschwister waren rasch aufgestanden. Sie beugten sich zum Kuss
ueber die Hand ihrer Mutter, die mit einem zurueckhaltenden Laecheln
ihres gepflegten, doch etwas mueden und spitznaesigen Gesichtes ueber
ihre Koepfe hinwegblickte und e
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