FREE BOOKS

Author's List




PREV.   NEXT  
|<   28   29   30   31   32   33   34   35   36   37   38   39   40   41   42   43   44   45   46   47   48   49   50   51   52  
53   54   55   56   57   58   59   60   61   62   63   64   65   66   67   68   69   70   71   72   73   74   75   76   77   >>   >|  
den und auf dieser Seite einen Abschluss des Strandes bildeten, kampierte eine russische Familie: Maenner mit Baerten und grossen Zaehnen, muerbe und traege Frauen, ein baltisches Fraeulein, das an einer Staffelei sitzend unter Ausrufen der Verzweiflung das Meer malte, zwei gutmuetig-haessliche Kinder, eine alte Magd im Kopftuch und mit zaertlich unterwuerfigen Sklavenmanieren. Dankbar geniessend lebten sie dort, riefen unermuedlich die Namen der unfolgsam sich tummelnden Kinder, scherzten vermittelst weniger italienischer Worte lange mit dem humoristischen Alten, von dem sie Zuckerwerk kauften, kuessten einander auf die Wangen und kuemmerten sich um keinen Beobachter ihrer menschlichen Gemeinschaft. Ich will also bleiben, dachte Aschenbach. Wo waere es besser? Und die Haende im Schoss gefaltet, liess er seine Augen sich in den Weiten des Meeres verlieren, seinen Blick entgleiten, verschwimmen, sich brechen im eintoenigen Dunst der Raumeswueste. Er liebte das Meer aus tiefen Gruenden: aus dem Ruheverlangen des schwer arbeitenden Kuenstlers, der von der anspruchsvollen Vielgestalt der Erscheinungen an der Brust des Einfachen, Ungeheueren sich zu bergen begehrt; aus einem verbotenen, seiner Aufgabe gerade entgegengesetzten und eben darum verfuehrerischen Hange zum Ungegliederten, Masslosen, Ewigen, zum Nichts. Am Vollkommenen zu ruhen, ist die Sehnsucht dessen, der sich um das Vortreffliche mueht; und ist nicht das Nichts eine Form des Vollkommenen? Wie er nun aber so tief ins Leere traeumte, ward ploetzlich die Horizontale des Ufersaumes von einer menschlichen Gestalt ueberschnitten, und als er seinen Blick aus dem Unbegrenzten einholte und sammelte, da war es der schoene Knabe, der von links kommend vor ihm im Sande vorueberging. Er ging barfuss, zum Waten bereit, die schlanken Beine bis ueber die Knie entbloesst, langsam, aber so leicht und stolz, als sei er ohne Schuhwerk sich zu bewegen ganz gewoehnt, und schaute sich nach den querstehenden Huetten um. Kaum aber hatte er die russische Familie bemerkt, die dort in dankbarer Eintracht ihr Wesen trieb, als ein Unwetter zorniger Verachtung sein Gesicht ueberzog. Seine Stirn verfinsterte sich, sein Mund ward emporgehoben, von den Lippen nach einer Seite ging ein erbittertes Zerren, dass die Wange zerriss, und seine Brauen waren so schwer gerunzelt, dass unter ihrem Druck die Augen eingesunken schienen und boese und dunkel darunter hervor die Sprache des Hasses fuehrten.
PREV.   NEXT  
|<   28   29   30   31   32   33   34   35   36   37   38   39   40   41   42   43   44   45   46   47   48   49   50   51   52  
53   54   55   56   57   58   59   60   61   62   63   64   65   66   67   68   69   70   71   72   73   74   75   76   77   >>   >|  



Top keywords:

schwer

 

seinen

 
menschlichen
 
Kinder
 
Familie
 

russische

 

Vollkommenen

 

Nichts

 

barfuss

 

Sehnsucht


schoene

 

kommend

 

vorueberging

 

Ewigen

 

ploetzlich

 
Horizontale
 

Ufersaumes

 
bereit
 

traeumte

 
Gestalt

ueberschnitten

 

Vortreffliche

 
sammelte
 

einholte

 

Unbegrenzten

 

dessen

 

emporgehoben

 

Lippen

 

erbittertes

 

Zerren


verfinsterte

 
Verachtung
 

zorniger

 

Gesicht

 

ueberzog

 

Hasses

 

schienen

 

dunkel

 

darunter

 

hervor


eingesunken

 

Brauen

 

zerriss

 

gerunzelt

 

Unwetter

 

Sprache

 
Schuhwerk
 
bewegen
 
leicht
 

langsam