das Wasser aus dem Auge. Doch, als haette er schon zu viel
gesagt, zog er murrend den zweiten Koffer, der die Kleider enthielt,
heran und schloss auf. Die Wirtin haette fuer ihr Leben gerne gewusst,
was sonst noch fuer Unglueck den bleichen Herrn verfolge, dass der
Verlust aller Verwandten klein dagegen aussehe. Aber sie wagte nicht,
den alten Brktzwisl, dessen Name ihr schon gehoerig imponierte,
darueber zu befragen; auch schloss der Anblick, der sich jetzt darbot,
ihr den Mund.
Die schwarze Kleidung hatte ihr an dem ernsten, stillen Gast nicht so
recht gefallen wollen; sie hatte sich immer gedacht, ein buntes Tuch,
ein huebsches helles Kleid muessten ihn von selbst freundlicher machen.
Aber da blinkte ihr eine Uniform entgegen--nein! Sie hatte geglaubt,
doch auch Geschmack und Urteil in diesen Sachen zu haben. Sie hatte
in frueherer Zeit, als sie noch bei ihrer Mutter war, die Franzosen im
Quartier gehabt, schoene Leute, huebsch und geschmackvoll gekleidet;
spaeter, als sie schon auf den Mond geheiratet hatte, waren die Russen
und Preussen dagewesen, grosse stattliche Maenner wie aus Gusseisen.
Freilich hatten sie nicht die lebhaften Manieren wie die frueheren
Gaeste; aber die knappsitzenden Spenzer und Kutkas waren denn doch
auch nicht zu verachten. Aber vor der himmlischen Pracht dieser
Uniform verblichen sie samt und sonders zu abgetragenen Landwehr- und
Buergermilizkamisoelern. Sie hob den Uniformsfrack vom Sessel auf,
wohin ihn Brktzwisl gelegt hatte, und hielt ihn gegen das Licht;
nein, es war nicht moeglich, etwas Schoeneres, Feineres zu sehen als
dieses Tuch, das wie Samt glaenzte, das brennende Rot an den
Aufschlaegen, die herrliche Posamentierarbeit an der Stickerei und den
Achselschnueren.
"Das ist die polnische Garde bei uns zu Haus in Warschau," belehrte
sie der alte Diener, dem dieser Anblick selbst das Herz zu erfreuen
schien. "Moechte man da nicht gleich selbst in die mit Seide
gefuetterten Aermel fahren und das spannende Jaeckchen zuknoepfen? Und,
weiss Gott! So wie mein Herr gewachsen, war keiner unter allen! Der
Schneider wollte sich selbst nicht glauben, dass die Taille so fein
und schmal sei, gab noch einen Finger zu und brachte unter Zittern
und Zagen, es moechte zu eng sitzen, sein Kunstwerk; aber Gott weiss,
wie es zugeht, sie war zwar ueber seine breite Heldenbrust gerade
recht, aber hier in den Weichen viel zu weit, und dabei ist an kein
Schnueren zu denken, mein Herr verachtet diese Kuns
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