ss--Kapellmeister
winkte, und in rauschendem Geschmetter, als wollten sie den juengsten
Tag anblasen, toente die Reveille durch die stille Mitternacht zu dem
einsamen Bettchen Idas und weckte sie aus suessen Traeumen. Diese Art
von Attention war ihr so ungewohnt, dass sie von Anfang glaubte, es
brenne irgendwo im Staedtchen; als sie aber nachher deutlich einige
Walzer unterschied, so war kein Zweifel mehr, dass es eine Nachtmusik
sei, die ihr gelte.
Es war kalt; sie huellte sich froestelnd wieder in ihre seidene Decke
und dachte unter den lockenden Toenen nach, ob wohl Martiniz auf so
unzarte Weise ihr eine Aufmerksamkeit erweisen wolle. Nein, der
Unglueckliche musste ja der Zeit nach jetzt in der Kirche sein; und er,
der sich in allem so zartfuehlend, so sinnig bewies, er konnte nicht
diese Trompeten zu Organen waehlen, um seine Empfindungen
auszudruecken; in Walzerchen und Polonaisechen, in diesem rauhtoenenden
Deideldum und Schnirkeldum konnte Emil seine Liebe nicht ausdruecken.
Jetzt schwieg die Musik; sie hoerte Stimmen auf der Strasse.
Die Offiziere hatten Schulderoff in den Schein einer Strassenlaterne
an eine Mauer gelehnt. Verabredeterweise fingen sie nach dem dritten
Walzer an: "Herr Bruder Schulderoff! Wo steckst du denn? Ich glaube,
die Liebe hat den armen Kerl ganz voll gemacht."
"Ach, Kameraden, mir ist so weh, so weh!" stammelte der begeisterte
Liebhaber, dem nur noch ein Teil seiner Rolle beifiel, und zwar
gerade der Teil, welchen er in seiner jetzigen Lage mit grosser
Wahrheit spielte. "Blast, blast!" rief er dann und focht mit den
Armen in der Luft. "Blast! O waeren das die schwedischen Hoerner und
ging's von hier gerade ins Feld des Todes!"
"Wie der Herr Leutnant befehlen," antwortete der Stabstrompeter.
"Frisch auf, Nr. 62, die Galoppade!" Und jetzt ging der Tanz von
neuem los, dass alle Hunde in der Nachbarschaft laut wurden und die
Nachbarn sich beklagten, dass man ihre Nachtruhe stoere. Ida war kein
Woertchen des Gespraeches entgangen, und sie schaemte sich ordentlich,
dem Herrn von Schulderoff, der ihr gerade nicht von der
empfehlendsten Seite bekannt war, diese Musik zu verdanken. Es schlug
ein Uhr, als die Kuenstler abzogen, und von Idas Augen war aller
Schlaf gewichen. Sie warf sich hin und her; aber es wollte ihr nicht
gelingen, den mohnbekraenzten Gott, den Schulderoff so unzarterweise
verscheucht hatte, zurueckzurufen. Sie ging noch einmal die Bilder
dieses Abends und der letzten
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