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* * * * TRUEBE AUGEN. Ida fuehlte einen tiefen Stich im Herzen, als sie die Graefin aus dem Wagen steigen sah. "Nun adieu, Liebes- und Lebensglueck!" seufzte sie, indem sie einen trueben Blick ueber Martiniz hinfliegen liess und zur Treppe eilte, um den erlauchten Gast zu empfangen. "Nun adieu, Liebesglueck, wenn dieses Weib in mein Leben greift!" Sie zerdrueckte eine Traene des Unmuts ueber ihr Geschick und ging weiter. So ungefaehr muss es jenen unschuldigen Tierchen zu Mut sein, wenn sie die Riesenschlange erblicken und, von ihrem greulichen Anblick uebertaeubt, nicht auf ihre Flucht denken, sondern in geduldiger Resignation dem Verderben entgegengehen. Mit jener Leichtigkeit und Grazie, die man in hoeheren Verhaeltnissen von Kindheit an studiert, wusste die Graefin schnell ueber das Unangenehme der ersten Augenblicke hinueberzukommen. Sie war die Freundlichkeit, die Herzlichkeit selbst. So weit hatte es freilich Ida in der Bildung nicht gebracht, dass sie denen, die sie nicht lieben konnte, wie ihren waermsten Freunden begegnete. Auch war _sie_ die Ueberraschte und die Graefin die Ueberraschende; daher war Ida etwas befangen und zeremonioes beim Empfang der hohen Dame; aber ihr natuerlicher Takt sagte ihr, dass sie jede andere Ruecksicht beiseite setzen muesse, um nur die im Auge zu haben, die Graefin, die nun einmal ihr Gast war, anstaendig und wuerdig zu behandeln. Um wie viel edler waren die Motive, welche Ida bei ihrem Betragen leiteten, als die der Graefin! So verschieden als Natur und Kunst. Die Aarstein wusste gegen jeden, auch wenn sie ihn bitter hasste und ihm haette den Dolch in den Leib rennen moegen, freundlich und leutselig zu sein. Sie konnte ihm etwas Verbindliches sagen, wenn sie das bitterste Wort auf der Zunge hatte. Aber so sind jene Gesellschaftsmenschen, die nichts Hoeheres kennen, als sich zu produzieren. Wenn man in ihre Cercles tritt, glaubt man in die alten Zeiten zu kommen, wo noch alles so bruederlich und freundlich war; da ist alles uebertuencht, alles hat den schoenen Anstrich der Geselligkeit; aber man soll nur einmal hinhorchen, wie es da ueber die ehrlichen Leute hergeht, wie medisant da alles bekrittelt wird, wie da der Bruder, der Freund gewiss sein darf, von dem, der ihm gerade noch so schoen getan, ohne Schonung bitter bespoettelt zu werden. Aber ist es nicht ueberhaupt in der Welt so? Sucht nicht immer einer dem andern so viel als moeglich A
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