on der hohen Verstellungsgabe
der Maenner gehoert und gelesen; sie wusste das Sprichwort solcher
Reisenden: "Ein ander Staedtchen, ein ander Maedchen". Sie erinnerte
sich an die ueppigen Reize der Aarstein, an ihre Verfuehrungskunst, die
schon so manches junge unerfahrene Maennerherz betoerte, an ihre
wichtigen Verbindungen mit dem Hof, an ihre eigene, nicht ganz streng
stiftsfaehige Geburt. Aber was wollte sie denn? Sie wollte ja gar
nicht an das Glueck denken, Hand in Hand mit diesem Manne durchs Leben
zu gehen, sie wollte ja nur geliebt sein, und dass sie es war, sagte
ihr scharfes Auge, ihr Herz, das jeden Ton der Liebe verstanden
hatte. Aber konnte dieses alles nicht dennoch Verstellung sein? Wer
sagte ihr, dass dieser fremde Mann sie nicht betr--
Nein, betruegen konnte dieses edle, reine Gesicht nicht, die Glut
dieser Augen konnte nicht taeuschen! Froh dieser Ueberzeugung, die sie
waehrend des Auskleidens gewann, huepfte sie in ihr Schlafzimmer und
machte dort vor dem Spiegel einen komischen Knix. "Habe die Ehre,
mich zu empfehlen, Frau Exzellenz, Graefin von Aarstein," sprach die
Mutwillige, "hier steht eine junge Dame, die sich mit Ihnen in den
Kampf um den schoenen Polacken einlassen will, welchen Eure Exzellenz
als Sattelpferd an Ihren Triumphwagen spannen moechten. Ich bin zwar
weder so dick, noch so geschminkt als Sie; aber dennoch wagt es meine
Wenigkeit, gegen Hoechstdieselben zu streiten." Noch einen Knicks und
dann Unterroeckchen und Struempfchen herunter und mit einem Satz in das
weiche Bettchen! Dort streckte sie das Engelskoepfchen noch einmal aus
der Decke hervor, warf ein Kusshaendchen nach dem Goldenen Mond hinueber
und fluesterte: "Gute Nacht, mein armer Emil, schlafe sanft und traeume
suess, traeume auch ein ganz klein wenig von Ida!" Sie schloss selig die
Augen und legte sich zurecht, wollte eben hinueberwandern in das
unbekannte Land der Traeume; da schuettelte sie ein jaeher Schrecken
wieder auf und jagte sie aus dem Bette.--
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DAS STAENDCHEN.
Dem Oberleutnant von Schulderoff hatte die Demonstration seiner
gnaedigen Frau Mama zu wohl gefallen, als dass er sich durch den
ersten, ziemlich bedeutenden Durchfall, den er ueberall lieber als vor
Praesidents Haus erlebt haette, abschrecken liess.
Im Gegenteil, wenn er recht darueber nachsann, so schien ihm die Sache
eine gluecklichere Wendung genommen zu haben, als er dachte. Schon oft
hatte er
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