timmen war ich aber voellig
unempfindlich. Ich bezweifelte es, dass das Volk der Hellenen mit grosser
Begeisterung einen Kampf, ganz besonders aber einen solchen Schulter an
Schulter mit den Bulgaren, ersehnte. Im grossen und ganzen waere es dabei um
das gleiche Ziel gegangen wie 1913, und die beiden siegreichen Partner
haetten sich auch diesmal wieder nach dem gemeinsamen Erfolge nicht
poetisch in den Armen sondern prosaisch in den Haaren gelegen.
Aus meinen vorstehenden Ausfuehrungen duerfte mit aller Klarheit
hervorgehen, dass die Anspannung der deutschen Kraefte durch die gesamte
Lage eine so hohe war, dass wir sie nicht durch weitere, ausserhalb
unbedingtester kriegerischer und politischer Notwendigkeiten liegende
Absichten noch mehr steigern durften. Selbst vortreffliche Plaene, die
sichere Aussichten auf grosse kriegerische Erfolge boten, konnten uns nicht
von der zunaechst wichtigsten Kriegsaufgabe ablenken. Diese war der Kampf
im Osten und Westen, und zwar auf beiden Fronten gegen erdrueckende
Ueberlegenheiten.
Wenn ich mir aufgrund der inzwischen eingetretenen Folgen meiner im Jahre
1917 ablehnenden Haltung gegen Operationen in Italien und Mazedonien heute
nochmals die Frage vorlege, ob ich anders haette entscheiden sollen und
duerfen, so muss ich diese Frage auch jetzt noch verneinen. Ich glaube sagen
zu koennen, dass der Gang der Ereignisse in Mitteleuropa spaeterhin unser
Verhalten als das Richtige bestaetigt hat. Wir konnten und durften nicht
einen Zusammenbruch unserer West- oder Ostfront auf das Spiel setzen, um
billige Lorbeeren in der oberitalienischen Tiefebene oder am Wardar zu
pfluecken.
Die Tuerkei war fuer 1917 mit besonderen Weisungen von unserer Seite nicht
zu versehen. Sie hatte ihren Landbesitz zu verteidigen und uns die ihr
gegenueberstehenden Kraefte vom Leibe zu halten. Gelang ihr beides, so
erfuellte sie durchaus ihre Aufgabe im Gesamtrahmen des Krieges.
Um die hierfuer noetigen Truppen kampfkraeftig zu erhalten, hatten wir schon
im Herbste 1916 bei der osmanischen Obersten Heeresleitung angeregt, sie
moechte die Masse ihrer beiden kaukasischen Armeen aus dem entvoelkerten und
ausgesogenen armenischen Hochlande zurueckziehen, um den Truppen die
Ueberwinterung zu erleichtern. Der Befehl hierzu wurde zu spaet erteilt.
Infolgedessen erlagen ganze Truppenteile durch Hunger und Kaelte dem
vorausgesehenen Verderben. Kein Lied, kein Heldenbuch wird vielleicht ihr
tragisches Ende je
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