blieben
sein, wann er laenger gelebt haette.[3] Palissot selbst ist nicht
ungluecklich, einige neue Charaktere von seiner eignen Bemerkung
beizufuegen: den dummen Maezen mit seinen kriechenden Klienten; den Mann an
seiner unrechten Stelle; den Arglistigen, dessen ausgekuenstelte Anschlaege
immer gegen die Einfalt eines treuherzigen Biedermanns scheitern; den
Scheinphilosophen; den Sonderling, den Destouches verfehlt habe; den
Heuchler mit gesellschaftlichen Tugenden, da der Religionsheuchler
ziemlich aus der Mode sei.--Das sind wahrlich nicht gemeine Aussichten,
die sich einem Auge, das gut in die Ferne traegt, bis ins Unendliche
erweitern. Das ist noch Ernte genug fuer die wenigen Schnitter, die sich
daran wagen duerfen!
Und wenn auch, sagt Palissot, der komischen Charaktere wirklich so
wenige, und diese wenigen wirklich alle schon bearbeitet waeren: wuerden
die Staende denn dieser Verlegenheit abhelfen? Man waehle einmal einen; z.
E. den Stand des Richters. Werde ich ihm denn, dem Richter, nicht einen
Charakter geben muessen? Wird er nicht traurig oder lustig, ernsthaft oder
leichtsinnig, leutselig oder stuermisch sein muessen? Wird es nicht bloss
dieser Charakter sein, der ihn aus der Klasse metaphysischer Abstrakte
heraushebt und eine wirkliche Person aus ihm macht? Wird nicht folglich
die Grundlage der Intrige und die Moral des Stuecks wiederum auf dem
Charakter beruhen? Wird nicht folglich wiederum der Stand nur das
Zufaellige sein?
Zwar koennte Diderot hierauf antworten: Freilich muss die Person, welche
ich mit dem Stande bekleide, auch ihren individuellen moralischen
Charakter haben; aber ich will, dass es ein solcher sein soll, der mit den
Pflichten und Verhaeltnissen des Standes nicht streitet, sondern aufs
beste harmonieret. Also, wenn diese Person ein Richter ist, so steht es
mir nicht frei, ob ich ihn ernsthaft oder leichtsinnig, leutselig oder
stuermisch machen will: er muss notwendig ernsthaft und leutselig sein, und
jedesmal es in dem Grade sein, den das vorhabende Geschaefte erfodert.
Dieses, sage ich, koennte Diderot antworten: aber zugleich haette er sich
einer andern Klippe genaehert; naemlich der Klippe der vollkommnen
Charaktere. Die Personen seiner Staende wuerden nie etwas anders tun, als
was sie nach Pflicht und Gewissen tun muessten; sie wuerden handeln, voellig
wie es im Buche steht. Erwarten wir das in der Komoedie? Koennen
dergleichen Vorstellungen anziehend genug werden? Wird der Nutze
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