witzige Koepfe einzuschraenken. Diese
waren Selim und Riccaric: Selim, ein Hofmann; und Riccaric, ein Mitglied
der kaiserlichen Akademie, ein Mann, der das Altertum studieret hatte und
ein grosser Verehrer desselben war, doch ohne Pedant zu sein. Mit diesen
unterhaelt sich die Favoritin einsmals, und das Gespraech faellt auf den
elenden Ton der akademischen Reden, ueber den sich niemand mehr ereifert
als der Sultan selbst, weil es ihn verdriesst, sich nur immer auf Unkosten
seines Vaters und seiner Vorfahren darin loben zu hoeren, und er wohl
voraussieht, dass die Akademie ebenso auch seinen Ruhm einmal dem Ruhme
seiner Nachfolger aufopfern werde. Selim, als Hofmann, war dem Sultan in
allem beigefallen: und so spinnt sich die Unterredung ueber das Theater
an, die ich meinen Lesern hier ganz mitteile.
"Ich glaube, Sie irren sich, mein Herr", antwortete Riccaric dem Selim.
"Die Akademie ist noch itzt das Heiligtum des guten Geschmacks, und ihre
schoensten Tage haben weder Weltweise noch Dichter aufzuweisen, denen wir
nicht andere aus unserer Zeit entgegensetzen koennten. Unser Theater ward
fuer das erste Theater in ganz Afrika gehalten, und wird noch dafuer
gehalten. Welch ein Werk ist nicht der 'Tamerlan' des Tuxigraphe! Es
verbindet das Pathetische des Eurisope mit dem Erhabnen des Azophe. Es
ist das klare Altertum!"
"Ich habe", sagte die Favoritin, "die erste Vorstellung des Tamerlans
gesehen und gleichfalls den Faden des Stuecks sehr richtig gefuehret, den
Dialog sehr zierlich und das Anstaendige sehr wohl beobachtet gefunden."
"Welcher Unterschied, Madame", unterbrach sie Riccaric, "zwischen einem
Verfasser wie Tuxigraphe, der sich durch Lesung der Alten genaehret, und
dem groessten Teile unsrer Neuern!"
"Aber diese Neuern", sagte Selim, "die Sie hier so wacker ueber die Klinge
springen lassen, sind doch bei weitem so veraechtlich nicht, als Sie
vorgeben. Oder wie? finden Sie kein Genie, keine Erfindung, kein Feuer,
keine Charaktere, keine Schilderungen, keine Tiraden bei ihnen? Was
bekuemmere ich mich um Regeln, wenn man mir nur Vergnuegen macht? Es sind
wahrlich nicht die Bemerkungen des weisen Almudir und des Gelehrten
Abdaldok, noch die Dichtkunst des scharfsinnigen Facardin, die ich alle
nicht gelesen habe, welche es machen, dass ich die Stuecke des Aboulcazem,
des Muhardar, des Albaboukre und so vieler andren Sarazenen bewundre!
Gibt es denn auch eine andere Regel, als die Nachahmung der Natur? Und
habe
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