FREE BOOKS

Author's List




PREV.   NEXT  
|<   329   330   331   332   333   334   335   336   337   338   339   340   341   342   343   344   345   346   347   348   349   350   351   352   353  
354   355   356   357   358   359   360   361   362   363   364   365   366   367   368   369   370   371   372   373   374   375   376   377   378   >>   >|  
n wir nicht eben die Augen, mit welchen diese sie studierten?" "Die Natur", antwortete Riccaric, "zeiget sich uns alle Augenblicke in verschiednen Gestalten. Alle sind wahr, aber nicht alle sind gleich schoen. Eine gute Wahl darunter zu treffen, das muessen wir aus den Werken lernen, von welchen Sie eben nicht viel zu halten scheinen. Es sind die gesammelten Erfahrungen, welche ihre Verfasser und deren Vorgaenger gemacht haben. Man mag ein noch so vortrefflicher Kopf sein, so erlangt man doch nur seine Einsichten eine nach der andern; und ein einzelner Mensch schmeichelt sich vergebens, in dem kurzen Raume seines Lebens alles selbst zu bemerken, was in so vielen Jahrhunderten vor ihm entdeckt worden. Sonst liesse sich behaupten, dass eine Wissenschaft ihren Ursprung, ihren Fortgang und ihre Vollkommenheit einem einzigen Geiste zu verdanken haben koenne; welches doch wider alle Erfahrung ist." "Hieraus, mein Herr", antwortete ihm Selim, "folget weiter nichts, als dass die Neuern, welche sich alle die Schaetze zunutze machen koennen, die bis auf ihre Zeit gesammelt worden, reicher sein muessen, als die Alten: oder, wenn Ihnen diese Vergleichung nicht gefaellt, dass sie auf den Schultern dieser Kolossen, auf die sie gestiegen, notwendig muessen weiter sehen koennen, als diese selbst. Was ist auch in der Tat ihre Naturlehre, ihre Astronomie, ihre Schiffskunst, ihre Mechanik, ihre Rechenlehre in Vergleichung mit unsern? Warum sollten wir ihnen also in der Beredsamkeit und Poesie nicht ebensowohl ueberlegen sein?" "Selim", versetzte die Sultane, "der Unterschied ist gross, und Riccaric kann Ihnen die Ursachen davon ein andermal erklaeren. Er mag Ihnen sagen, warum unsere Tragoedien schlechter sind, als der Alten ihre; aber dass sie es sind, kann ich leicht selbst auf mich nehmen, Ihnen zu beweisen. Ich will Ihnen nicht schuld geben", fuhr sie fort, "dass Sie die Alten nicht gelesen haben. Sie haben sich um zu viele schoene Kenntnisse beworben, als dass Ihnen das Theater der Alten unbekannt sein sollte. Nun setzen Sie gewisse Ideen, die sich auf ihre Gebraeuche, auf ihre Sitten, auf ihre Religion beziehen, und die Ihnen nur deswegen anstoessig sind, weil sich die Umstaende geaendert haben, beiseite und sagen Sie mir, ob ihr Stoff nicht immer edel, wohlgewaehlt und interessant ist? ob sich die Handlung nicht gleichsam von selbst einleitet? ob der simple Dialog dem Natuerlichen nicht sehr nahe koemmt? ob die Entwicklungen im
PREV.   NEXT  
|<   329   330   331   332   333   334   335   336   337   338   339   340   341   342   343   344   345   346   347   348   349   350   351   352   353  
354   355   356   357   358   359   360   361   362   363   364   365   366   367   368   369   370   371   372   373   374   375   376   377   378   >>   >|  



Top keywords:

selbst

 

muessen

 
welche
 

weiter

 

koennen

 

Vergleichung

 
worden
 
Riccaric
 

antwortete

 

welchen


Unterschied
 
versetzte
 
Poesie
 

ebensowohl

 

ueberlegen

 

Ursachen

 
Sultane
 

simple

 

einleitet

 

unsere


Dialog

 

andermal

 

Natuerlichen

 

erklaeren

 

Beredsamkeit

 

Entwicklungen

 

Naturlehre

 

gestiegen

 

notwendig

 

Astronomie


Schiffskunst

 

sollten

 

gleichsam

 

koemmt

 

Mechanik

 
Rechenlehre
 
unsern
 

schlechter

 

setzen

 

sollte


beworben
 
Theater
 

unbekannt

 

gewisse

 

beziehen

 

deswegen

 
anstoessig
 

Religion

 
Sitten
 

beiseite