Ausdruck ueberladen, man hat
Druck auf Druck gesetzt, bis aus charakterisierten Personen personifierte
Charaktere; aus lasterhaften oder tugendhaften Menschen hagere Gerippe
von Lastern und Tugenden geworden sind.--
Hier will ich diese Materie abbrechen. Wer ihr gewachsen ist, mag die
Anwendung auf unsern "Richard" selbst machen.
Vom "Herzog Michel", welcher auf den "Richard" folgte, brauche ich wohl
nichts zu sagen. Auf welchem Theater wird er nicht gespielt, und wer hat
ihn nicht gesehen oder gelesen? Krueger hat indes das wenigste Verdienst
darum; denn er ist ganz aus einer Erzaehlung in den Bremischen Beitraegen
genommen. Die vielen guten satirischen Zuege, die er enthaelt, gehoeren
jenem Dichter, sowie der ganze Verfolg der Fabel. Kruegern gehoert nichts,
als die dramatische Form. Doch hat wirklich unsere Buehne an Kruegern viel
verloren. Er hatte Talent zum Niedrig-Komischen, wie seine "Kandidaten"
beweisen. Wo er aber ruehrend und edel sein will, ist er frostig und
affektiert. Hr. Loewen hat seine Schriften gesammelt, unter welchen man
jedoch "Die Geistlichen auf dem Lande" vermisst. Dieses war der erste
dramatische Versuch, welchen Krueger wagte, als er noch auf dem Grauen
Kloster in Berlin studierte.
Den neunundvierzigsten Abend (donnerstags, den 23. Julius) ward das
Lustspiel des Hrn. von Voltaire "Die Frau, die recht hat" gespielt, und
zum Beschlusse des L'Affichard "Ist er von Familie?"[1] wiederholt.
"Die Frau, die recht hat" ist eines von den Stuecken, welche der Hr. von
Voltaire fuer sein Haustheater gemacht hat. Dafuer war es nun auch gut
genug. Es ist schon 1758 zu Carouge gespielt worden: aber noch nicht
zu Paris; soviel ich weiss. Nicht als ob sie da, seit der Zeit, keine
schlechtern Stuecke gespielt haetten: denn dafuer haben die Marins und
Le Brets wohl gesorgt. Sondern weil--ich weiss selbst nicht. Denn ich
wenigstens moechte doch noch lieber einen grossen Mann in seinem Schlafrocke
und seiner Nachtmuetze, als einen Stuemper in seinem Feierkleide sehen.
Charaktere und Interesse hat das Stueck nicht; aber verschiedne
Situationen, die komisch genug sind. Zwar ist auch das Komische aus dem
allergemeinsten Fache, da es sich auf nichts als aufs Inkognito, auf
Verkennungen und Missverstaendnisse gruendet. Doch die Lacher sind nicht
ekel; am wenigsten wuerden es unsre deutschen Lacher sein, wenn ihnen das
Fremde der Sitten und die elende Uebersetzung das mot pour rire nur nicht
meistens so unver
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