n'etre pas obliges de condamner beaucoup de poemes
que nous avons vu reussir sur nos theatres; um nicht viele Gedichte
verwerfen zu duerfen, die auf unsern Buehnen Beifall gefunden. Eine schoene
Ursache!
Ich will die Hauptpunkte geschwind beruehren. Einige davon habe ich schon
beruehrt; ich muss sie aber, des Zusammenhanges wegen, wiederum mitnehmen.
1. Aristoteles sagt: die Tragoedie soll Mitleid und Furcht erregen.--
Corneille sagt: o ja, aber wie es koemmt; beides zugleich ist eben nicht
immer noetig; wir sind auch mit einem zufrieden; itzt einmal Mitleid, ohne
Furcht; ein andermal Furcht, ohne Mitleid. Denn wo blieb' ich, ich der
grosse Corneille, sonst mit meinem Rodrigue und meiner Chimene? Die guten
Kinder erwecken Mitleid; und sehr grosses Mitleid: aber Furcht wohl
schwerlich. Und wiederum: wo blieb' ich sonst mit meiner Kleopatra, mit
meinem Prusias, mit meinem Phokas? Wer kann Mitleid mit diesen
Nichtswuerdigen haben? Aber Furcht erregen sie doch.--So glaubte Corneille:
und die Franzosen glaubten es ihm nach.
2. Aristoteles sagt: die Tragoedie soll Mitleid und Furcht erregen;
beides, versteht sich, durch eine und ebendieselbe Person.--Corneille
sagt: wenn es sich so trifft, recht gut. Aber absolut notwendig ist es
eben nicht; und man kann sich gar wohl auch verschiedener Personen
bedienen, diese zwei Empfindungen hervorzubringen; so wie ich in meiner
"Rodogune" getan habe.--Das hat Corneille getan: und die Franzosen tun
es ihm nach.
3. Aristoteles sagt: durch das Mitleid und die Furcht, welche die
Tragoedie erweckt, soll unser Mitleid und unsere Furcht, und was diesen
anhaengig, gereiniget werden.--Corneille weiss davon gar nichts und bildet
sich ein, Aristoteles habe sagen wollen. Die Tragoedie erwecke unser
Mitleid, um unsere Furcht zu erwecken, um durch diese Furcht die
Leidenschaften in uns zu reinigen, durch die sich der bemitleidete
Gegenstand sein Unglueck zugezogen. Ich will von dem Werte dieser Absicht
nicht sprechen: genug, dass es nicht die Aristotelische ist; und dass, da
Corneille seinen Tragoedien eine ganz andere Absicht gab, auch notwendig
seine Tragoedien selbst ganz andere Werke werden mussten, als die waren,
von welchen Aristoteles seine Absicht abstrahieret hatte; es mussten
Tragoedien werden, welches keine wahre Tragoedien waren. Und das sind nicht
allein seine, sondern alle franzoesische Tragoedien geworden; weil ihre
Verfasser alle nicht die Absicht des Aristoteles, sondern die Ab
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