Ich bin eine
- eine schlechte Frau!"
Ich ging zu der Ungluecklichen, legte einen Arm um ihre Schultern und sagte
erschuettert:
"Du bekommst das Kind doch, obwohl ich weiss, wer du bist!"
Sie prallte zurueck.
"Sie wissen - wer ich ..."
"Ja, Kaethe, ich hab dich erkannt!"
Da warf sie die Arme in die Luft, stiess einen Schrei aus und verschwand um
den Felsen in den Wald.
Ich eilte ihr nach und holte sie mit Muehe ein.
"Wenn Joachim mich erkennt, schlaegt er mich tot!" wimmerte sie.
"Er erkennt dich nicht. Niemand kennt dich ausser mir. Und ich werde dich
schuetzen!"
Sie musste sich an mir festhalten, als ich sie zur Klause zurueckfuehrte.
Dort setzte ich sie auf die Bank vor der Haustuer und streichelte ihren
Scheitel.
"Jetzt sind Sie wieder Magdalena, und ich bin wieder der Herr Doktor. Wir
kennen uns nicht. Das, was jetzt hier geschah, ist nicht gewesen! Morgen
frueh bringe ich das Kind. Beruhigen Sie sich, Magdalena, fuerchten Sie
nichts, aengstigen Sie sich nicht. Das Kind darf sich ja nicht wundern. Es
soll ja eine heitere, zufriedene Pflegerin haben. Auf Wiedersehen!"
Ich liess sie allein.
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Meine Mutter hat sich um Luise wenig mehr gekuemmert. Sie hat wohl sicher
Tag und Nacht an das Kind gedacht, aber nicht nach ihm gefragt. Sie hat
keine Freude an dem Maedchen, sie liebt es nicht; sein Dasein aber regt sie
auf, laesst sie leiden.
Die Mutter kommt kaum alle zwei oder drei Wochen einmal zu mir heraus. Ich
glaube nicht, dass sie an meiner Schoepfung viel Freude hat. Sie ist von
stockkonservativer Natur; alles Neue erscheint ihr verdaechtig.
Ein- oder zweimal hat die Mutter aber doch Luise fluechtig wiedergesehen.
Sie ist dann in schwere Aufregung geraten. Und eines Septembertags, kurz
nachdem das Kind in der Genovevenklause untergebracht worden war, sagte
die Mutter zu mir:
"Ich quaele mich mit dem Gedanken, ob es nicht unrecht ist, Joachim die
Anwesenheit seines Kindes zu verheimlichen."
"Quaele dich nicht, Mutter! Joachim hat bis jetzt dem Kinde seine
Anwesenheit auch verheimlicht, ja das Kind nicht einmal wissen lassen, dass
er ueberhaupt existiert."
"Du sprichst immer recht lieblos von deinem Bruder!"
"Ich spreche so, wie ich nach seinem Verhalten sprechen muss!"
Sie wandte sich beiseite, und ihre feine Gestalt zitterte in Zorn und
Trotz.
"Ich werde Joachim aufklaeren!" sagte sie bestimmt.
"Das wir
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