leine:
"Magdalena, Magdalena, kommen Sie doch her! Hier wird so schoen gesungen!"
Die Frau schuettelte den Kopf, wandte sich aber doch langsam um. Und ob es
auch schon daemmrig war, der Abend hatte mich scharf sehend gemacht; ich
sah, dass das Weib, das dort einsam auf der Wiese stand, Joachims erste
Frau, Luises Mutter, war.
Der Bruder aber sah sie nicht, und seine Augen waren gehalten, und er
erkannte auch sein Kind noch immer nicht. Langsam tastete wieder seine
weltmuede und doch immer noch gluecksuchende Rechte nach der kleinen
Anneliese keuscher Hand.
"Magdalena, kommen Sie hierher!" rief das Kind abermals und dringend.
Die aber schuettelte den Kopf und ging davon.
Das Kind schmiegte sich an mich; vom Berge her klang noch immer die
Melodie des Eichendorffliedes, und ich sah den Bruder an und hoerte aus dem
Klange des Hornes die Worte:
"Ich aber war weit schon gegangen,
Jetzt sieht sie mich nimmermehr."
-------------------------------------------------------
Die Nacht war schwueler als der Abend. Es war, als ob von irgendwoher heisse
Gewitterluft ueber unsere Haeupter getragen wuerde. Ich sass wach am Fenster.
Als ich heimgekommen war, hatte ich einen Brief von Stefenson gefunden. Er
machte mir Mitteilung, dass er an den Baumeister Bunkert geschrieben habe
und ihm die Leitung unserer ferneren baulichen Unternehmungen uebertragen
wolle. Dann kam der inhaltsschwere Satz des Briefes: "Ich verhehle Ihnen
nicht, lieber Freund, dass meine tiefe Neigung fuer Fraeulein Eva Bunkert,
deren ich mir inzwischen ganz klar geworden bin, mich zu dem Angebot an
ihren Vater geleitet hat. Dieser Neigung werden Sie - dessen versichert
mich Ihre ehrliche Freundschaft - immer Rechnung tragen."
Wie schwuel die Nacht war, wie unruhevoll die Seele, schmerzlicher Wuensche,
heisser Angst, tiefer Niedergeschlagenheit voll, da das schoene Traumbild
von Liebe und Glueck von drohendem Wetterleuchten ueberstrahlt an meinem
Himmel stand.
Da baeumte sich der Wille im jungen Herzen auf, und ich sagte mir: Oho,
mein Freund, wie kommst du dazu, mir den Verzicht auf meine junge Liebe zu
befehlen? Steht dieses Recht in unserem Kontrakt? Ist Liebe ein Schacher,
in dem du mich ueberbieten kannst? Bist du mein Herr und ich dein Sklave,
dem du befehlen kannst: Lass ab von jenem Maedchen, das ich fuer mich will!
Oder, wenn du es auf die Freundschaft hinausspielen willst: wo war je in
der Welt Freundschaft staerker als L
|