erde er ja nicht auf den Ball gehen," setzte sie freudig hinzu; "da
wuerde er zu Haus trauern und nicht die Freude aufsuchen."
"Oder," fuhr jener fort, "es gingen ihm vielleicht seine Wechsel aus,
und er hat im Augenblick kein Geld, um seine Reise weiter
fortzusetzen."
"Nicht doch," fiel sie ein, "wie moegen Sie nur diesem interessanten
Gesicht einen so gemeinen Kummer andichten. Sieht er nicht nobler aus
als alle unsere Assessoren, Leutnants und so weiter zusammen? Und er
sollte mit vier Postpferden in einem herrlichen Landau fahren und
weinen, weil er kein Geld hat? Pfui!"
"Ei, wie sich der kleine Advokat vereifert und verdisputiert! Das
Maeulchen geht ja, als sollte es einen Prozess vor den Assisen fuehren!
UEbrigens wollen wir bald sehen, wer der Patron ist; habe ich doch den
Ball arrangiert und daher auch das Recht, Fremden, die sich
eindraengen, auf den Zahn zu fuehlen."
"Nun ja, tun Sie das, liebes Hofraetchen; aber ja recht artig und
delikat," setzte das erroetende Maedchen mit den suessesten
Schmeichelworten hinzu; "wer so tiefen Kummer hat, wie jener zu haben
scheint, muss unter Fremden wie unter Freunden zart behandelt werden!"
* * * * *
DER FREMDE.
Unterdessen hatten sich mehrere Herren an Berner gewendet, um zu
erfahren, wer der Fremde sei; allen war es aufgefallen, wie er schon
seit einer Stunde sich nicht vom Platz bewegte und, an seine Saeule
gelehnt, so wenig Interesse an dem glaenzenden Ball zu nehmen schien.
Der Hofrat ging zu ihm hin und kehrte bald zurueck. "Wer ist es? Wie
heisst er?" fragten zehn, zwanzig zumal. "Was hat er gesprochen?"
"Nichts hat er gesprochen," antwortete Berner, "sondern mir nur diese
Karte gegeben."
Die Karte ging jetzt von Hand zu Hand, es war aber nichts darauf zu
sehen als ein schoen gestochenes Wappen und der Name Emile, Comte de
Martiniz. "Ein Graf also?" Die Neugierde war nur halb gestillt; die
Freilinger, denen die Erscheinung eines fremden Grafen auf ihren
Baellen etwas Seltenes sein mochte, gingen kopfschuettelnd umher; sie
haetten gar zu gerne gewusst, woher er komme, wohin er gehe, warum er
nicht tanze. Man betrachtete das fremde Wundertier von allen Seiten;
doch der Hofrat, der so viel Takt hatte, dass er in des Fremden Seele
fuehlte, wie peinlich eine so kleinliche Neugierde sein muesse, gab das
Zeichen, und die Galoppade, von zwanzig Trompeten vorgetragen,
rauschte durch den Saal hin und rief zum Tanze.
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