Skepticismus. a) Empiristischer, b) rationalistischer
Wahrheitsbegriff. Beide setzen den metaphysischen Wahrheitsbegriff
voraus. Nach jenem laesst sich nur entscheiden, was wahrscheinlich ist,
nach diesem nur, was moeglicherweise wahr ist. Jener ist nuetzlich fuer die
Sicherung unserer Lebenszwecke, dieser fuer die Verwirklichung eines
Erkenntnisideals. Ein Pruefstein der Wahrheit ist weder der eine noch der
andere.
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DIE WAHRHEIT UND UNSER WISSEN.
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Erster Hauptteil.
Die Wahrheit.
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Erster Abschnitt.
Was ist Wahrheit?
Erste Untersuchung.
Die herkoemmliche Definition der Wahrheit.
Seit Cartesius spielt der Gedanke einer gegensaetzlichen Trennung von Leib
und Seele in der Philosophie eine Rolle. In aehnlicher Weise hat seit Kant
der Gedanke einer gegensaetzlichen Trennung des Erkennens und seines
Gegenstandes die Philosophen beschaeftigt, und zwar verstanden sie unter
Gegenstand das sogenannte Ding an sich oder den Gegenstand, wie er
unerkannter Weise ist. Beide Gedanken sind der Aristotelischen und
mittelalterlichen Philosophie fremd. Der letztere Gedanke fuehrt zu einer
Auffassung der gewoehnlichen Definition der Wahrheit, welche jede
Erkenntnis der Wahrheit unmoeglich macht. Nach dieser Definition naemlich,
auf die alle Eroerterungen ueber die Wahrheit vielfach unbewusst und
unfreiwillig zurueckkommen, besteht die Wahrheit in der _Uebereinstimmung
des Erkennens mit seinem Gegenstande_. Fassen wir hier Gegenstand in
seiner gegensaetzlichen Trennung vom Erkennen als das Unerkannte oder so
wie er unerkannter Weise ist, so kann von einer Erkenntnis der Wahrheit
keine Rede mehr sein; denn der Gegenstand kommt uns doch nur innerhalb
unsrer Vorstellungen und Gedanken, also vermittelt durch unser Erkennen,
zum Bewusstsein. Was er abgesehen davon sein mag, darueber wissen wir
nichts. Aber muss in jener Definition der Wahrheit das Wort Gegenstand
notwendig im Sinne des unerkannten Gegenstandes, wie er unerkannter Weise
ist, genommen werden? Wir werden der Absicht der gewoehnlichen Definition
der Wahrheit gerecht, wenn wir den Gegenstand als das betrachten, was vom
Erkennen weder gemacht noch geaendert wird und insofern vom Erkennen
unabhaengig ist.
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