Bestimmung? Ist die richtig gestellte Frage und das
Bewusstsein, sie nicht beantworten zu koennen, wirklich wertlos? Jedenfalls
ist diese Bestimmung ehrenvoller fuer die Philosophie, als wenn man sie,
ihrer gegenwaertigen Lage nicht ganz unangemessen, als die Wissenschaft
charakterisiert, in der jeder eine andere Meinung hat.
Dass die Philosophie die Wissenschaft der Fragen ist, zeigt sich
besonders, wenn wir den Begriff des Erkennens ins Auge fassen. Man spricht
von Erscheinung im Gegensatz zum Wesen und unterscheidet die Erscheinung
im metaphysischen und erkenntnistheoretischen Sinne. Unter der erstren
sind die Veraenderungen der Dinge zu verstehen, die sich natuerlich aus
ihrer Stellung in der Gesamtheit des Wirklichen ergeben und darum aus
ihrem Wesen erklaeren lassen. Unter der letztren sind die Denkvorgaenge im
weitesten Sinne des Wortes, die auch und in erster Linie die sinnlichen
Empfindungen umfassen, zu verstehen. Sie vermitteln das Erkennen, und
insofern sie das wirklich oder vermeintlich thun, gelten sie als
Erscheinung der Dinge in uns. Was hat es mit dieser Erscheinung der Dinge
in uns, diesen Denkvorgaengen, die das Erkennen vermitteln, auf sich? Was
hat das Erkennen zu bedeuten, was ist sein Wesen? Nur eine blosse
Abspiegelung, eine muessige Wiederholung der Dinge im Bilde? Sind auch die
fuer unsre Erfassung des Wirklichen so notwendigen Ortsbestimmungen, die
einerseits feste Punkte voraussetzen und anderseits sich doch in lauter
Beziehungen aufloesen, und ebenso die Zeitbestimmungen, von denen das
Gleiche gilt, Bilder einer von ihnen unabhaengig bestehenden Wirklichkeit?
Dem Bilde ist es eigentuemlich, den Gegenstand so wiederzugeben, wie er
unabgebildeterweise ist. Waere das Erkennen nur ein Bild des Wirklichen, so
wuerden wir den Begriff des Dinges an sich nicht entbehren koennen. Um ihn
zu vermeiden, mussten wir eine unaufloesliche Verbindung des Erkennens mit
seinem Gegenstande, der Wahrheit annehmen. Aber erst, wenn wir die Art
dieser Verbindung zu bestimmen vermoechten, wuerden wir das Wesen des
Erkennens erkannt haben, mit ihm auch die Bedeutung der fuer unsere
Erfassung des Wirklichen so notwendigen Orts- und Zeitbestimmungen.
Elfte Untersuchung.
Die Wahrheit das hoechste Gut.
Insofern die Philosophie als Wissenschaft vom Wesen der Dinge und vom
System der Wahrheit bezeichnet werden muss, ist sie auch die Wissenschaft
vom hoechsten Gute: denn die Wahrheit ist in der That das hoechste
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