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dem jetzigen Stande der Naturwissenschaft sogar fuer die Koerperwelt
angenommen werden, wenigstens so lange, als noch nicht nachgewiesen ist,
dass die Gravitation zu ihrer Wirkung Zeit braucht; bis jetzt gilt diese
Wirkung als eine unzeitliche oder zeitlose. Von der actio in distans der
Koerper bis zum immediatum commercium animarum ist nur ein Schritt.
Freilich hat die Erkenntnis anderer, insbesondere ihres Innern, auch ihre
Schranken. Schon Aristoteles und Locke sagen, dass wir nicht wissen
koennen, ob die Empfindungen etwa von rot und gruen, die wir beim Anblick
von Blut und Gras haben, bei andren die gleichen und nicht vielmehr die
umgekehrten sind, so dass ihnen beim Gras die Empfindung gegenwaertig ist,
die wir beim Blut haben, und umgekehrt. Da wir alle von Jugend an gelernt
haben, das Gras gruen und das Blut rot zu nennen, so wuerden natuerlich die
sprachlichen Bezeichnungen die gleichen bleiben. Da ferner fuer unsre
Erkenntnis andrer, so unmittelbar sie ist, doch ihre Gefuehlsaeusserungen
massgebend sind, so muss natuerlich immer vorausgesetzt werden, dass diese
Gefuehlsaeusserungen natuerliche sind und nicht etwa kuenstlich zum Zweck der
Verstellung oder der schauspielerischen Darstellung hervorgebracht werden.
Pestalozzi betont, dass darueber, ob eine Handlung aus selbstlosen oder
selbstsuechtigen Motiven hervorgeht, ob sie mit andren Worten sittlich oder
unsittlich ist, nur jeder bei sich selbst urteilen kann. Natuerlich gilt
das Gleiche auch davon, ob neben dem negativen Moment der Selbstlosigkeit
auch das positive Moment der rueckhaltlosen Hingabe an Gott, des
persoenlichen Verhaeltnisses zu ihm, worin das Wesen der Religiositaet
besteht, fuer das Zustandekommen der Handlung bestimmend war. Obgleich sich
das nun nicht bestreiten laesst, so ist doch anderseits auch nicht zu
leugnen, dass wir auf Grund von Erfahrungen, die wir an uns und an andren
machen, andren mehr Vertrauen schenken koennen und muessen als uns selbst,
andere fuer ehrlicher, uneigennuetziger, hingebender, opferwilliger halten
muessen als uns selbst. In Bezug auf mich selbst bin ich doch eben wegen
meiner Eigenliebe, die zum Selbstbeschoenigen und Selbstbetruegen fuehrt,
viel mehr der Taeuschung ausgesetzt, als in Bezug auf andere. Abgesehen
davon ist das in Wort und That vorliegende Leben des Einzelnen ebenso
Ausdruck seines Innern wie die Gefuehlsaeusserungen, und wenn wir hier das
Natuerliche, Nichtkuenstliche und Nichtverstellte von s
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