egebenen, freilich so, wie es sich im Geiste des Kuenstlers
spiegelt, wie es seiner Auffassung entspricht. Diese Spiegelung oder
Auffassung haengt natuerlich, wie die Auswahl der darzustellenden
Gegenstaende, von der Individualitaet des Kuenstlers ab. Man wird
demgegenueber schwerlich von einer auf Eingebung beruhenden Idee reden
koennen, wenn man nicht etwa fuer diese Individualitaet, wie ueberhaupt fuer
die Bedeutung des Individuums in der Geschichte etwas der Eingebung
Analoges in Anspruch nehmen will, das nicht bloss Gedanken im menschlichen
Bewusstsein sondern Wirklichkeiten erzeugt. Abgesehen davon wird man nicht
leugnen koennen, dass vielen Kunstwerken, insbesondere Werken der redenden
Kunst, Ideen zugrunde liegen, die auf einer Eingebung beruhen, die mit
andren Worten aus dem in Erfahrung und Geschichte Gegebenen nicht erklaert
werden koennen. Das Motto der Goetheschen Iphigenie ist unzweifelhaft eine
solche Idee, wenn auch fuer Goethe diese Idee keine eigentliche Eingebung
war, sondern dem reichen Schatze der Eingebungen entnommen wurde, die in
der christlichen Religion gegeben sind und deren Mittelpunkt eben diese
Idee bildet.
Koennen wir auch von einer wissenschaftlichen Inspiration reden? Ohne
Zweifel muessen wir es! Wird das Forschungsergebnis, zu dem man nur muehsam
durch langwierige Arbeit gelangt, nicht meistens schon mit
vorausschauendem Blicke vorweggenommen, und ist nicht dieser
vorausschauende, das Ergebnis vorwegnehmende Blick der Ansporn, der uns
zur Forschungsarbeit draengt, und das Licht, das uns hierbei leitet? Alle
grossen wissenschaftlichen Entdeckungen, wie alle Entdeckungen ueberhaupt,
scheinen so auf urspruenglichen Intuitionen zu beruhen, die vielfach
Eingebungen sind. Das Ergebnis wird oft erst auf sehr verwickelten und
verschlungenen Wegen gewonnen, und doch steht es uns von Anfang an
deutlich vor der Seele. Wie ist das zu erklaeren, wenn das Ergebnis nicht
eine Eingebung, Inspiration ist? Wir sprechen davon, dass uns Gedanken
einfallen, wodurch der Fortschritt im Denken vielfach bedingt ist. Oft
sind das freilich nur Reminiscenzen aus der Lektuere, aus den Gespraechen
mit andren, oft nur mehr oder minder berechtigte Verallgemeinerungen, oft
blosse Associationen. Aber wir wissen auch, dass das keineswegs immer der
Fall ist. Nicht selten tritt uns ein Gedanke, der gleichsam aus der
verborgenen Tiefe unsres Innern auftaucht, als etwas durchaus Neues
entgegen, fuer das wir in unsrem bisheri
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