ng fuer die Gesamtheit des Wirklichen oder im System der
Wahrheit Licht verbreiten. Sie haben deshalb zu allen Zeiten das lebhafte
Interesse des Philosophen geweckt, dem es um die Erkenntnis des Wesens und
der Wahrheit der Dinge zu thun ist.
Allerdings sind diese Gedanken in erster Linie praktischer Natur, denn die
Religion ist zunaechst eine praktische, das Gefuehl und den Willen angehende
Angelegenheit. Aber sie schliessen die umfassendsten und bestimmtesten
theoretischen Voraussetzungen ein, ohne die sie Halt und Bestand verlieren
und bei deren Veraenderung sie selbst voellig veraendert werden. Und diese
theoretischen Voraussetzungen sind nicht etwa darum wahr, weil sie sich
praktisch fuer das Gefuehl und den Willen bewaehren. Der Wert der Praxis
liegt gerade darin, dass diese Voraussetzungen wahr sind. Wie alles in der
Welt, so erhaelt auch sie ihren Wert nur durch die Wahrheit, die sie
natuerlich nicht verbuergen und garantieren kann. Es ist eine den
Religionsbegriff verflachende und entleerende Auffassung, wenn man
erklaert, die Religion bestehe in blossen Gefuehlen, und wenn man sie in
diesem Sinne mit Gesinnungen verselbigt. Als ob Gesinnungen ohne
theoretische Grundlagen denkbar waeren! Gewiss, das Wesen der Religion, ihr
Herz und ihre Seele besteht nicht in theoretischen Anschauungen, nicht in
Lehren, sondern in der persoenlichen Hingabe der Menschen an Gott, in dem
Opfer seiner selbst. Aber wie verschieden ist doch die stoische Hingabe an
den Weltlauf, die auch von den Stoikern als Gehorsam gegen Gott bezeichnet
wird, und die christliche Ergebung in den Willen Gottes! Worin liegt die
Verschiedenheit? Nun darin, weil die diesen Gesinnungen zugrunde liegende
Lehre eine andere ist. Heilswahrheiten sind nicht wahr, weil sie uns Heil
bringen, sondern weil sie wahr sind, deshalb bringen sie uns Heil. Der
Glaube als rueckhaltlose Hingabe an Gott setzt die Erkenntnis Gottes als
der rueckhaltlosen Hingabe an uns voraus. Er soll den Frieden des Innern
und die Kraft zum sittlichen Handeln bringen. Aber man kann nicht auf
Probe glauben, abgesehen davon, dass das keine rueckhaltlose Hingabe waere.
Mit andren Worten: die Erkenntnis, auf der der Glaube beruht und die uns
seine Wirkung verbuergt, ist nicht um dieser Wirkung willen wahr, und der
diese Erkenntnisse einschliessende Glaube erhaelt nicht durch diese seine
Wirkung seine Wahrheit. Dass der Glaube seine Wahrheit nicht erhaelt durch
seine Wirkungen, geht schon daraus
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