inter sich lassende Fortsetzung der Natur bezeichnen. Auch
in ihr handelt es sich um Herausbildung von Einheiten; aber diese
Einheiten sind nicht Zusammenfassungen neben- und aussereinanderliegender
Teile, sondern Einheiten, die in einem Bewusstsein von sich selbst, an dem
alle ihre Glieder teilnehmen, bestehen: Volk, Staat, Gesellschaft, Nation.
Einheiten ferner im strengen Sinne, naemlich geistige Einheiten,
Persoenlichkeiten, welche die eigentlichen Traeger der geschichtlichen
Entwicklung bilden. Sie sind Traeger von Ideen, welche die Massen bewegen.
Darin liegt ihre Bedeutung. Die Geschichte bewaehrt sich gerade durch diese
in ihr hervortretenden, in den Persoenlichkeiten verkoerperten Ideen als
fortschreitende Entwicklung. Die Frage, ob es einen Fortschritt in der
Geschichte giebt, sollte darum von rechtswegen gar nicht gestellt werden.
Fuer die Wissenschaft und Religion hat man ihn nicht leugnen koennen;
zeitweilige Rueckschritte sind nur Anlaeufe zu kraeftiger Erhebung. Man wird
hienach nicht bestreiten koennen, dass die Geschichte einen viel
bedeutsameren und gehaltreicheren Erkenntnisgegenstand ausmacht als die
Natur. Es giebt ohne Zweifel in der fortschreitenden Entwicklung der Natur
etwas Neues, das aus den vorausgehenden Faktoren nicht erklaert werden
kann, -- das Organische gegenueber dem Unorganischen ist, wie das Tier
gegenueber der Pflanze, ein solches Neues -- wenn man nicht etwa den Satz
ex nihilo fit nihil zu leugnen versucht. Das gilt in noch viel hoeherem
Grade von der Geschichte. Hier ist das Neue an das Individuum gebunden,
und die Bedeutung des Individuums bedingt und bestimmt den geschichtlichen
Fortschritt.
Fuenfundzwanzigste Untersuchung.
Kuenstlerische und wissenschaftliche Inspiration.
Es giebt eine alte Unterscheidung von drei Erkenntnisquellen: Erfahrung,
Vernunft und Offenbarung. Man begegnet ihr heute nicht mehr. Sie gilt fuer
veraltet. Indes hat sie doch ihr gutes Recht. Die Redeweise: es war mir
oder kam ueber mich wie eine Offenbarung, wird nicht selten gebraucht, und
viele werden gestehen muessen, dass sie so etwas wirklich erlebt haben. Man
spricht allgemein von einer kuenstlerischen Inspiration. Die schoepferische
Einbildungskraft ist etwas andres. Worin liegt der Unterschied? Was ist
unter dieser Inspiration, Eingebung, die als Offenbarung bezeichnet werden
muss, zu verstehen?
Es bedarf eines Blickes des Geistes, um das Wesentliche von dem
Unwesentlichen in den Dingen
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