nhang des Wirklichen aufgenommen werden koennen und durch
ihre Stellung in diesem Ganzen eine Bedeutung gewinnen. Dass ein Stein am
Wege liegt, eine Person uns begegnet, nennen wir schwerlich eine Wahrheit,
ausser wenn die Betonung dieses Sachverhalts aus andren Gruenden etwa wegen
eines gerichtlichen Verfahrens wichtig ist. Jedenfalls werden wir uns den
Wahrheitscharakter der Thatsachen, der notwendig ein ueberzeitlicher ist,
nur zum Bewusstsein bringen koennen, wenn wir sie der zufaelligen
Aeusserlichkeiten, insbesondere ihrer Vereinzelung zu entkleiden und mit
Spinoza zu reden sub specie aeternitatis zu betrachten suchen. Ob und
inwiefern dies Streben von Erfolg gekroent ist oder zu inhaltlich
bedeutsamen Erkenntnissen fuehrt, mag fraglich bleiben; aber davon haengt
natuerlich die notwendige Ueberzeitlichkeit des Charakters der Wahrheit
nicht ab.
Eine Folgerung draengt sich auf: das Gelten steht hoeher als das Existieren;
das Existieren ist nur moeglich durch das Gelten. Mit andren Worten: die
Wahrheit steht hoeher als die Wirklichkeit und die Wirklichkeit ist nur
Wirklichkeit durch die Wahrheit. Aber was ist Wirklichkeit, abgesehen von
ihrer Wahrheit?
Vierte Untersuchung.
Nur Eine Wahrheit fuer alle Denkenden.
Was fuer alle Zeit gilt, gilt natuerlich auch fuer alle Denkenden. Es giebt
entweder keine Wahrheit, oder aber sie gilt fuer alle Denkenden. Die
Wahrheit ist nicht ein Erzeugnis der menschlichen Organisation ueberhaupt
oder jeder einzelnen menschlichen Organisation insbesondere, sodass sie
nur fuer die Menschen gaelte oder gar fuer jeden einzelnen Menschen eine
andere und besondere waere. Alle Erkenntnis hat nur Einen Gegenstand, das
ist die Eine Wahrheit, die fuer alle Erkennenden dieselbe ist. Damit ist
aber keineswegs gesagt, dass die Wahrheit unabhaengig vom Erkennen sei im
Sinne der Transcendenz oder des Dinges an sich. Bei einer solchen
Unabhaengigkeit hoerte die Wahrheit auf, Gegenstand des Erkennens zu sein.
Die unaufloesliche Verbindung der Wahrheit mit dem Erkennen muss
festgehalten werden, wie immer diese Verbindung zu denken ist. Ausserdem
wird man von einer Abhaengigkeit der Wahrheit vom goettlichen Denken oder --
wenn man diesen Ausdruck vorzieht -- vom "Bewusstsein ueberhaupt" und auch
vom menschlichen Denken reden duerfen, vorausgesetzt, dass das menschliche
Denken, wenn es wahr ist, eins mit dem goettlichen ist.
Gilt die Wahrheit, auch wenn wir sie nicht erkennen? Gilt das Geset
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