mit
der Wirklichkeit. Ich lobe mir die Realitaeten. Wuensche und Traeume haben
wir ja alle. Aber wir suchen und wollen doch ihre Verwirklichung."
"Wenn sie sich aber nicht verwirklichen lassen?"
"Dann resigniert man eben."
"Oder begnuegt sich mit dem Traum der Erfuellung."
"Das versteh ich nicht."
"Was Sie nicht in der Wirklichkeit besitzen koennen Sie doch im Traum
besitzen, in der Einbildung."
"Um nachher doppelt enttaeuscht zu werden?"
Er zuckte die Achseln.
"Man muss Philosoph oder Dichter sein, um leben zu koennen," sagte er.
"Oder Eroberer."
Er sah sie gross an.
"Wenn einem aber hierzu die Kraft fehlt?"
"Dann muss man nicht auf Eroberungen ausgehen und sich an der
Philosophie genuegen lassen."
"Also."
Eine Pause, die sie mit ein paar Laeufen ausfuellte.
"Im Besitz liegt das Glueck doch nicht," stiess er hervor.
"Aber man will doch schliesslich besitzen."
"Glueck ist Sehnsucht, Erfuellung ist Tod."
"Ist das von Ihnen?"
"Wie so?"
"Das klingt wie aus einem Gedicht."
"Wie ist es zum Beispiel mit der Liebe?" rief er, warm geworden und auf
ihre Bemerkung nicht eingehend.
"Sie meinen, die hoert mit dem Besitz auf?" fragte sie.
"Ja."
"Sprechen Sie aus Erfahrung?"
Sie lachte ein wenig spoettisch und ueberlegen, als wuesste sie das besser.
Und er lachte auch. Was sollte er darauf antworten?
"Ausnahmen gebe ich ja zu," sagte er.
"Also doch."
"Die Liebe kennt ueberhaupt keine Regeln, sie kennt nur Ausnahmen."
"Also Streit um des Kaisers Bart."
"Sie haben recht. Spielen Sie mir lieber noch etwas Chopin. Oder den
Totentanz."
"Ihr ewiger Totentanz."
Sie praeludierte ein paar kurze Takte und spielte Webers "Aufforderung
zum Tanz".
Er schuettelte missbilligend den Kopf.
Er liebte diese Musik nicht. Er erhob sich leise und trat in die offene
Verandatuer und sah in den windbewegten Park hinaus.
Ob sie es gemerkt hatte?
Sie hielt mitten im Stueck auf.
"Es ist nichts," sagte sie. "Ich mag heute nicht spielen."
10.
Der naechste Tag war ein Sonntag.
Ob er mit in die Kirche wolle?
Ja.
Er sah, dass seine Bereitwilligkeit sie etwas in Erstaunen setzte,
obgleich sie kein Wort darueber verlor.
Sie musste ihn natuerlich fuer einen Freigeist halten, fuer einen
Religionsveraechter. Darueber musste er sie doch gelegentlich aufklaeren.
Da machte sie sich ein ganz falsches Bild von ihm. Glaubte sie, er waere
aus so grobem Stoff, wie di
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