en; es kann aber auch
aus der Verknuepfung der Begebenheiten selbst entspringen, welches
letztere vorzueglicher, und die Weise des bessern Dichters ist. Denn die
Fabel muss so eingerichtet sein, dass sie, auch ungesehen, den, der den
Verlauf ihrer Begebenheiten bloss anhoert, zu Mitleid und Furcht ueber diese
Begebenheiten bringet; so wie die Fabel des Oedips, die man nur anhoeren
darf, um dazu gebracht zu werden. Diese Absicht aber durch das Gesicht
erreichen wollen, erfodert weniger Kunst, und ist deren Sache, welche die
Vorstellung des Stuecks uebernommen."
Wie entbehrlich ueberhaupt die theatralischen Verzierungen sind, davon
will man mit den Stuecken des Shakespeares eine sonderbare Erfahrung
gehabt haben. Welche Stuecke brauchten, wegen ihrer bestaendigen
Unterbrechung und Veraenderung des Orts, des Beistandes der Szenen und der
ganzen Kunst des Dekorateurs, wohl mehr, als eben diese? Gleichwohl war
eine Zeit, wo die Buehnen, auf welchen sie gespielt wurden, aus nichts
bestanden, als aus einem Vorhange von schlechtem groben Zeuge, der, wenn
er aufgezogen war, die blossen blanken, hoechstens mit Matten oder Tapeten
behangenen Waende zeigte; da war nichts als die Einbildung, was dem
Verstaendnisse des Zuschauers und der Ausfuehrung des Spielers zu Hilfe
kommen konnte: und demohngeachtet, sagt man, waren damals die Stuecke des
Shakespeares ohne alle Szenen verstaendlicher, als sie es hernach mit
denselben gewesen sind.[1]
Wenn sich also der Dichter um die Verzierung gar nicht zu bekuemmern hat;
wenn die Verzierung, auch wo sie noetig scheinet, ohne besondere Nachteil
seines Stuecks wegbleiben kann: warum sollte es an dem engen, schlechten
Theater gelegen haben, dass uns die franzoesischen Dichter keine ruehrendere
Stuecke geliefert? Nicht doch: es lag an ihnen selbst.
Und das beweiset die Erfahrung. Denn nun haben ja die Franzosen eine
schoenere, geraeumlichere Buehne; keine Zuschauer werden mehr darauf
geduldet; die Kulissen sind leer; der Dekorateur hat freies Feld; er malt
und bauet dem Poeten alles, was dieser von ihm verlangt: aber wo sind sie
denn, die waermern Stuecke, die sie seitdem erhalten haben? Schmeichelt
sich der Herr von Voltaire, dass seine "Semiramis" ein solches Stueck ist?
Da ist Pomp und Verzierung genug; ein Gespenst obendarein: und doch kenne
ich nichts Kaelteres, als seine "Semiramis".
----Fussnote
[1] ("Cibber's Lives of the Poets of G. B. and Ir." Vol. II. p. 78.
79.)--Some have
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