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nur wenige, und diese wenige nur sparsam, aus anderer Absicht. Ich sage, wir, unser Volk, unsere Buehne: ich meine aber nicht bloss, uns Deutsche. Wir Deutsche bekennen es treuherzig genug, dass wir noch kein Theater haben. Was viele von unsern Kunstrichtern, die in dieses Bekenntnis mit einstimmen und grosse Verehrer des franzoesischen Theaters sind, dabei denken: das kann ich so eigentlich nicht wissen. Aber ich weiss wohl, was ich dabei denke. Ich denke naemlich dabei: dass nicht allein wir Deutsche; sondern, dass auch die, welche sich seit hundert Jahren ein Theater zu haben ruehmen, ja das beste Theater von ganz Europa zu haben prahlen,--dass auch die Franzosen noch kein Theater haben. Kein tragisches gewiss nicht! Denn auch die Eindruecke, welche die franzoesische Tragoedie macht, sind so flach, so kalt!--Man hoere einen Franzosen selbst davon sprechen. "Bei den hervorstechenden Schoenheiten unsers Theaters", sagt der Herr von Voltaire, "fand sich ein verborgner Fehler, den man nicht bemerkt hatte, weil das Publikum von selbst keine hoehere Ideen haben konnte, als ihm die grossen Meister durch ihre Muster beibrachten. Der einzige Saint-Evremond hat diesen Fehler aufgemutzt; er sagt naemlich, dass unsere Stuecke nicht Eindruck genug machten, dass das, was Mitleid erwecken solle, aufs hoechste Zaertlichkeit errege, dass Ruehrung die Stelle der Erschuetterung, und Erstaunen die Stelle des Schreckens vertrete; kurz, dass unsere Empfindungen nicht tief genug gingen. Es ist nicht zu leugnen: Saint-Evremond hat mit dem Finger gerade auf die heimliche Wunde des franzoesischen Theaters getroffen. Man sage immerhin, dass Saint-Evremond der Verfasser der elenden Komoedie 'Sir Politik Wouldbe' und noch einer andern ebenso elenden, 'Die Opern' genannt, ist: dass seine kleinen gesellschaftlichen Gedichte das Kahlste und Gemeinste sind, was wir in dieser Gattung haben; dass er nichts als ein Phrasendrechsler war: man kann keinen Funken Genie haben und gleichwohl viel Witz und Geschmack besitzen. Sein Geschmack aber war unstreitig sehr fein, da er die Ursache, warum die meisten von unsern Stuecken so matt und kalt sind, so genau traf. Es hat uns immer an einem Grade von Waerme gefehlt: das andere hatten wir alles." Das ist: wir hatten alles, nur nicht das, was wir haben sollten; unsere Tragoedien waren vortrefflich, nur dass es keine Tragoedien waren. Und woher kam es, dass sie das nicht waren? "Diese Kaelte aber", faeh
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