die, die
ihres Zweckes verfehlt. Raeume ich es nicht ein: so weiss ich gar nicht
mehr, was eine Tragoedie ist.
Denn Richard der Dritte, so wie ihn Herr Weisse geschildert hat, ist
unstreitig das groesste, abscheulichste Ungeheuer, das jemals die Buehne
getragen. Ich sage, die Buehne: dass es die Erde wirklich getragen habe,
daran zweifle ich.
Was fuer Mitleid kann der Untergang dieses Ungeheuers erwecken? Doch, das
soll er auch nicht; der Dichter hat es darauf nicht angelegt; und es sind
ganz andere Personen in seinem Werke, die er zu Gegenstaenden unsers
Mitleids gemacht hat.
Aber Schrecken?--Sollte dieser Boesewicht, der die Kluft, die sich
zwischen ihm und dem Throne befunden, mit lauter Leichen gefuellet, mit
Leichen derer, die ihm das Liebste in der Welt haetten sein muessen; sollte
dieser blutduerstige, seines Blutdurstes sich ruehmende, ueber seine
Verbrechen sich kitzelnde Teufel nicht Schrecken in vollem Masse erwecken?
Wohl erweckt er Schrecken: wenn unter Schrecken das Erstaunen ueber
unbegreifliche Missetaten, das Entsetzen ueber Bosheiten, die unsern
Begriff uebersteigen, wenn darunter der Schauder zu verstehen ist, der uns
bei Erblickung vorsaetzlicher Greuel, die mit Lust begangen werden,
ueberfaellt. Von diesem Schrecken hat mich Richard der Dritte mein gutes
Teil empfinden lassen.
Aber dieses Schrecken ist so wenig eine von den Absichten des Trauerspiels,
dass es vielmehr die alten Dichter auf alle Weise zu mindern suchten, wenn
ihre Personen irgendein grosses Verbrechen begehen mussten. Sie schoben
oefters lieber die Schuld auf das Schicksal, machten das Verbrechen lieber
zu einem Verhaengnisse einer raechenden Gottheit, verwandelten lieber den
freien Menschen in eine Maschine: ehe sie uns bei der graesslichen Idee
wollten verweilen lassen, dass der Mensch von Natur einer solchen Verderbnis
faehig sei.
Bei den Franzosen fuehrt Crebillon den Beinamen des Schrecklichen. Ich
fuerchte sehr, mehr von diesem Schrecken, welches in der Tragoedie nicht
sein sollte, als von dem echten, das der Philosoph zu dem Wesen der
Tragoedie rechnet.
Und dieses--haette man gar nicht Schrecken nennen sollen. Das Wort,
welches Aristoteles braucht, heisst Furcht: Mitleid und Furcht, sagt er,
soll die Tragoedie erregen; nicht Mitleid und Schrecken. Es ist wahr,
das Schrecken ist eine Gattung der Furcht; es ist eine ploetzliche,
ueberraschende Furcht. Aber eben dieses Ploetzliche, dieses Ueberraschende,
welches d
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