uer das Theater gearbeitet: und nach dieser Erfahrung
wuerde er uns unstreitig vortreffliche Dinge ueber den alten dramatischen
Kodex haben sagen koennen, wenn er ihn nur auch waehrend der Zeit seiner
Arbeit fleissiger zu Rate gezogen haette. Allein dieses scheinet er
hoechstens nur in Absicht auf die mechanischen Regeln der Kunst getan zu
haben. In den wesentlichem liess er sich um ihn unbekuemmert, und als er am
Ende fand, dass er wider ihn verstossen, gleichwohl nicht wider ihn
verstossen haben wollte: so suchte er sich durch Auslegungen zu helfen und
liess seinen vorgeblichen Lehrmeister Dinge sagen, an die er offenbar nie
gedacht hatte.
Corneille hatte Maertyrer auf die Buehne gebracht und sie als die
vollkommensten und untadelhaftesten Personen geschildert; er hatte die
abscheulichsten Ungeheuer in dem Prusias, in dem Phokas, in der Kleopatra
aufgefuehrt: und von beiden Gattungen behauptet Aristoteles, dass sie zur
Tragoedie unschicklich waeren, weil beide weder Mitleid noch Furcht
erwecken koennten. Was antwortet Corneille hierauf? Wie faengt er es an,
damit bei diesem Widerspruche weder sein Ansehen, noch das Ansehen des
Aristoteles leiden moege? "Oh", sagte er, "mit dem Aristoteles koennen wir
uns hier leicht vergleichen.[3] Wir duerfen nur annehmen, er habe eben
nicht behaupten wollen, dass beide Mittel zugleich, sowohl Furcht als
Mitleid, noetig waeren, um die Reinigung der Leidenschaften zu bewirken,
die er zu dem letzten Endzwecke der Tragoedie macht: sondern nach seiner
Meinung sei auch eines zureichend.--Wir koennen diese Erklaerung", faehrt
er fort, "aus ihm selbst bekraeftigen, wenn wir die Gruende recht erwaegen,
welche er von der Ausschliessung derjenigen Begebenheiten, die er in den
Trauerspielen missbilliget, gibt. Er sagt niemals: dieses oder jenes
schickt sich in die Tragoedie nicht, weil es bloss Mitleiden und keine
Furcht erweckt; oder dieses ist daselbst unertraeglich, weil es bloss die
Furcht erweckt, ohne das Mitleid zu erregen. Nein; sondern er verwirft
sie deswegen, weil sie, wie er sagt, weder Mitleid noch Furcht zuwege
bringen, und gibt uns dadurch zu erkennen, dass sie ihm deswegen nicht
gefallen, weil ihnen sowohl das eine als das andere fehlet, und dass er
ihnen seinen Beifall nicht versagen wuerde, wenn sie nur eines von
beiden wirkten."
----Fussnote
[1] [Greek: Os d' aplos eipein, phobera estin, osa eph' eteron
gignomena, ae mellonta, eleeina estin.] Ich weiss nicht, was dem
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