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essige Reinigung auch aller uebrigen Leidenschaften beizulegen. Wie nun Corneille diese fuer sein Teil leugnete und in Beispielen zeigte, dass sie mehr ein schoener Gedanke, als eine Sache sei, die gewoehnlicherweise zur Wirklichkeit gelange: so musste er sich mit ihm in diese Beispiele selbst einlassen, wo er sich denn so in der Enge fand, dass er die gewaltsamsten Drehungen und Wendungen machen musste, um seinen Aristoteles mit sich durchzubringen. Ich sage seinen Aristoteles: denn der rechte ist weit entfernt, solcher Drehungen und Wendungen zu beduerfen. Dieser, um es abermals und abermals zu sagen, hat an keine andere Leiden- schaften gedacht, welche das Mitleid und die Furcht der Tragoedie reinigen solle, als an unser Mitleid und unsere Furcht selbst; und es ist ihm sehr gleichgueltig, ob die Tragoedie zur Reinigung der uebrigen Leidenschaften viel oder wenig beitraegt. An jene Reinigung haette sich Dacier allein halten sollen: aber freilich haette er sodann auch einen vollstaendigem Begriff damit verbinden muessen. "Wie die Tragoedie", sagt er, "Mitleid und Furcht errege, um Mitleid und Furcht zu reinigen, das ist nicht schwer zu erklaeren. Sie erregt sie, indem sie uns das Unglueck vor Augen stellet, in das unsersgleichen durch nicht vorsaetzliche Fehler gefallen sind; und sie reiniget sie, indem sie uns mit diesem naemlichen Ungluecke bekannt macht und uns dadurch lehret, es weder allzusehr zu fuerchten, noch allzusehr davon geruehrt zu werden, wann es uns wirklich selbst treffen sollte.--Sie bereitet die Menschen, die allerwidrigsten Zufaelle mutig zu ertragen, und macht die Allerelendesten geneigt, sich fuer gluecklich zu halten, indem sie ihre Ungluecksfaelle mit weit groessern vergleichen, die ihnen die Tragoedie vorstellet. Denn in welchen Umstaenden kann sich wohl ein Mensch finden, der bei Erblickung eines Oedips, eines Philoktets, eines Orests nicht erkennen muesste, dass alle Uebel, die er zu erdulden, gegen die, welche diese Maenner erdulden muessen, gar nicht in Vergleichung gekommen?" Nun das ist wahr; diese Erklaerung kann dem Dacier nicht viel Kopfbrechens gemacht haben. Er fand sie fast mit den naemlichen Worten bei einem Stoiker, der immer ein Auge auf die Apathie hatte. Ohne ihm indes einzuwenden, dass das Gefuehl unsers eigenen Elendes nicht viel Mitleid neben sich duldet; dass folglich bei dem Elenden, dessen Mitleid nicht zu erregen ist, die Reinigung oder Linderung seiner Betruebnis durch das
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