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empfinden koennen: so ist es doch unstreitig, dass unser Mitleid, wenn jene
Furcht dazukommt, weit lebhafter und staerker und anzueglicher wird, als es
ohne sie sein kann. Und was hindert uns, anzunehmen, dass die vermischte
Empfindung ueber das physikalische Uebel eines geliebten Gegenstandes nur
allein durch die dazukommende Furcht fuer uns zu dem Grade erwaechst, in
welchem sie Affekt genannt zu werden verdienet?
Aristoteles hat es wirklich angenommen. Er betrachtet das Mitleid nicht
nach seinen primitiven Regungen, er betrachtet es bloss als Affekt. Ohne
jene zu verkennen, verweigert er nur dem Funke den Namen der Flamme.
Mitleidige Regungen, ohne Furcht fuer uns selbst, nennt er Philanthropie:
und nur den staerkere Regungen dieser Art, welche mit Furcht fuer uns
selbst verknuepft sind, gibt er den Namen des Mitleids. Also behauptet er
zwar, dass das Unglueck eines Boesewichts weder unser Mitleid noch unsere
Furcht errege: aber er spricht ihm darum nicht alle Ruehrung ab. Auch der
Boesewicht ist noch Mensch, ist noch ein Wesen, das bei allen seinen
moralischen Unvollkommenheiten Vollkommenheiten genug behaelt, um sein
Verderben, seine Zernichtung lieber nicht zu wollen, um bei dieser etwas
Mitleidaehnliches, die Elemente des Mitleids gleichsam, zu empfinden.
Aber, wie schon gesagt, diese mitleidaehnliche Empfindung nennt er nicht
Mitleid, sondern Philanthropie. "Man muss", sagt er, "keinen Boesewicht aus
ungluecklichen in glueckliche Umstaende gelangen lassen; denn das ist das
untragischste, was nur sein kann; es hat nichts von allem, was es haben
sollte; es erweckt weder Philanthropie, noch Mitleid, noch Furcht. Auch
muss es kein voelliger Boesewicht sein, der aus gluecklichen Umstaenden in
unglueckliche verfaellt; denn eine dergleichen Begebenheit kann zwar
Philanthropie, aber weder Mitleid noch Furcht erwecken." Ich kenne nichts
Kahleres und Abgeschmackteres, als die gewoehnlichen Uebersetzungen dieses
Wortes Philanthropie. Sie geben naemlich das Adjektivum davon im
Lateinischen durch hominibus gratum; im Franzoesischen durch ce que peut
faire quelque plaisir; und im Deutschen durch "was Vergnuegen machen
kann". Der einzige Goulston, soviel ich finde, scheinet den Sinn des
Philosophen nicht verfehlt zu haben, indem er das [Greek: philanthropon]
durch quod humanitatis sensu tangat uebersetzt. Denn allerdings ist unter
dieser Philanthropie, auf welche das Unglueck auch eines Boesewichts
Anspruch macht, nicht di
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